Der ultimative Gottesbeweis: Geld

Für die christlichen Großkirchen in Deutschland ist Gläubiger Staat wichtiger als gläubige Bürger, meint Ingolf Bossenz

  • Lesedauer: 3 Min.

Ob in der Tat »alle Wege« nach Rom führen, sei dahingestellt. Aber zeitweise führten alle Wege nach Limburg - jedenfalls, wenn es um das Finanzgebaren der christlichen Großkirchen ging. Um die Öffentlichkeit zu beruhigen, ist der bombastische Bischofssitz in der hessischen Kreisstadt nun für Veranstaltungen geöffnet worden.

Den Bauherrn, den inzwischen geschassten Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, hat der Weg wirklich nach Rom geführt, wo er jetzt einen Posten als Delegat im Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung bekleidet. Diese Behörde der römischen Kurie ist zuständig für die Verkündigung des Evangeliums in Ländern, in denen der Glaube zwar stark verwurzelt ist, aber die Unterstützung für die Kirche schwindet. Was exakt auf Deutschland zutrifft.

Was also könnte der abgeprotzte Protzprälat hierzulande verkündigen? Zum Beispiel dieses Diktum Jesu aus dem Lukasevangelium: »Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.« Oder dieses aus dem Jakobusbrief: »Glücklich der Mann, der in der Versuchung standhält.« Andererseits: Die Aufregung um den 31-Millionen-Euro-Luxusbau des Limburger Bischofs ist doch eher verwunderlich. Denn erstens - das lehren Jahrhunderte römischer Kirchenherrschaft - kann es bei der Repräsentation Jesu Christi auf Erden nicht prunkvoll genug zugehen. Und zweitens ist die heilige Herberge an der Lahn »mit Eigenmitteln« des Bischöflichen Stuhls finanziert worden, wie es vom zuständigen Vermögensverwaltungsrat hieß.

Schließlich haben wir es in Deutschland nicht mit einer armen Kirche franziskanischer Fasson zu tun. So weist die Bilanz des Bistums Limburg Finanzanlagen von 730 Millionen Euro und Sachanlagen von 80 Millionen Euro aus. Von den Finanzanlagen sind rund 703 Millionen Euro in Wertpapieren investiert.

Das Erzbistum Köln - größtes und reichstes hierzulande - verfügt gar über ein Vermögen von 3,35 Milliarden Euro. Allein die Finanzanlagen, im Wesentlichen Wertpapier- und Immobilienfonds, beliefen sich auf 2,4 Milliarden Euro, teilte das Erzbistum dieser Tage bei der Vorlage des Jahresabschlusses 2013 mit.

Da muss nicht mehr, wie es weiland der Erzbischof von Mainz tat, ein Ablasshändler Tetzel in Marsch gesetzt werden, um vom Laienvolk Cash für die eigene und die römische Kasse zu akquirieren.

Und wenn die »Eigenmittel« mal nicht reichen, steht schon der Staat mit dem Füllhorn seiner sprudelnden Subventionen und Alimentationen bereit. Beispiel Sachsen: Dort hat die LINKE im Landtag jetzt wachsende staatliche Zuschüsse für die Kirchen kritisiert. Seit 1993 seien mehr als 400 Millionen Euro an die christlichen Großkirchen geflossen. 2014 sei ein Rekordniveau erreicht worden. Die evangelische Kirche habe knapp 22,9 Millionen Euro erhalten, die katholische rund 916 000 Euro.

Wobei diese Summen und ihre Bereitstellung nicht überbewertet werden sollten, denn die staatliche Stützung der Glaubenskonzerne ist mittlerweile so selbstverständlich, dass die Debatte darüber zwar immer mal aufflackert, aber ebenso schnell wieder dem Gewohnten weicht. Zum einen sind da die aus allgemeinen Steuermitteln gezahlten Gehälter der Kirchen-»Diener«, die den aus nachnapoleonischer Zeit stammenden »Staatsleistungen« zugerechnet werden (jährlich rund eine halbe Milliarde Euro), zum anderen sind da die bis zu 20 Milliarden (!) Euro geschätzten Subventionen.

Selbst wenn Austritte z. B. infolge eines Bauskandals die Kirchensteuereinnahmen schmälern - die Kirchen können auch ohne Gläubige existieren. Solange der Staat Gläubiger ist. Der kirchenkritische Theologe Eugen Drewermann dazu: »Der Gott, den Jesus brachte, wird in sein Gegenteil verkehrt durch eine Kirche, die Gottesfurcht in eine Geldquelle von schier unendlicher Ergiebigkeit verwandelt ...« Aber geht es noch um Gott? Oder um Jesus?

Die gute Nachricht ist, dass der bauwütige Limburger Bischof sein Salär nun vom Heiligen Stuhl bekommt und nicht mehr vom deutschen Steuerzahler.

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