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Die Neuankömmlinge
Christian König untersuchte die Integration »Vertriebener« in der DDR
Das nach dem Zweiten Weltkrieg gemäß Potsdamer Abkommen verkleinerte Deutschland nahm mehr als zehn Millionen Menschen aus den Ostgebieten auf. Sie wurden in der sowjetischen Zone als »Umsiedler«, in den Westzonen als »Flüchtlinge und Vertriebene« bezeichnet. Die unterschiedlichen Benennungen entsprachen einer unterschiedlichen Konzeption des Umgangs mit den Neuankömmlingen. In der SBZ/DDR ging es um deren möglichst rasche Integration in Anerkennung der deutschen Kriegsschuld, in Westdeutschland um zeitweise Unterbringung bis zur eventuellen Revision der von den Alliierten verfügten Aussiedlung. Das ausschließliche Bestehen auf der Verwendung des einen bzw. des anderen Begriffs gehörte zum verbalen Kalten Krieg. Christian König ist auf diese Geschichte mit einer lobenswerten Akribie eingegangen.
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* Christian König: Flüchtlinge und Vertriebene in der DDR-Aufbaugeneration.
Leipziger Universitätsverlag. 459 S., geb., 39 €.
Unter »Aufbaugeneration« fasst er die Jahrgänge 1925 bis 1935 zusammen. Der ins »Dritte Reich« zurückdrängende Krieg hat deren Kindheit bzw. frühe Jugend abrupt beendet. Die Abwesenheit der Väter, Hunger und Kälte auf der Flucht, der Verlust von Verwandten und Freunden, eine vielfach abweisende Haltung der Einheimischen in der neuen »Heimat« hat die Jungen und Mädchen frühzeitig gezwungen, Verantwortung zu übernehmen.
Der Jenaer Politikwissenschaftler und Historiker hat Arbeiter, Bauern und Handwerker, »einfache Menschen« also, entsprechend dem Konzept der in Deutschland vor allem vom Bochumer Sozialwissenschaftler Lutz Niethammer entwickelten »Oral History« befragt. Er interviewte »Aufsteiger«, die in Bereichen des öffentlichen Lebens wie Politik, Sicherheitsorgane, Kultur und Bildung in der DDR eine herausragende Rolle gespielt haben. Grundlage für seine Auswahl waren die im Personenlexikon »Wer war wer in der DDR« des Berliner Ch. Links Verlages veröffentlichten Biografien. König interessierte sich u. a. für Hans Modrow und Werner Krolikowski, Horst Stechbart und Wolfgang Vogel, Manfred Kossok und Kurt Pätzold, Christa Wolf und Siegfried Matthus.
»In der Auseinandersetzung mit dem Systemumbruch der neunziger Jahre«, schreibt der Autor resümierend, »zeigen die Angehörigen der Aufbaugeneration wiederum die (erlernten und bewährten) pragmatischen Bewältigungsstrategien. Einerseits genießen sie die erworbenen Freiheiten, andererseits beharren sie unter den Bedingungen einer forcierten Infragestellung ihres vierzigjährigen Lebenswerkes auf einer eigensinnigen Weltdeutung und Behauptung der DDR-Biographie als Teil ihrer Identität.«
Das Lesevergnügen schmälern mitunter Wertungen im Geiste der Vorgaben der Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur. Schade, dass der Autor sich nicht souveräner zeigt. Die Behandlung der »Vertriebenen« der Bundesrepublik gilt als Maßstab für das Urteil über die »Umsiedlerpolitik« der SED und DDR-Regierung. Die in Ostdeutschland energisch betriebene Integration wird negativ beurteilt, obwohl Königs Interviews bezeugen, wie hilfreich diese für die Betroffenen war.
Im Gegensatz zur DDR verweigerte die Bundesregierung jahrzehntelang die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze; erst 1990 gab sie diese Sturheit auf, womit auch die durch die Vertriebenenverbände bei manchem Flüchtling bis zuletzt gehegte Illusion einer Rückkehr zerstob.
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