Schockierende Gewalt

Leverkusen wirft seinen Spieler Emir Spahic nach Tritten und Schlägen gegen Ordner raus

  • Frank Hellmann, Mainz
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Sieg in Mainz geriet zur Nebensache: Bayer Leverkusen steht nach dem Ausraster seines Profis Emir Spahic weiter unter Schock.

Es schien Rudi Völler ziemlich wichtig, symbolhaft Zusammenhalt zu demonstrieren. Als Michael Schade am Samstag im Erdgeschoss der Mainzer Arena gerade die nächsten Handlungsschritte im Fall Emir Spahic mitteilte, eilte der in Ehren ergraute Sportchef von Bayer Leverkusen herbei, um den Geschäftsführer mit seinem rot-schwarzen Schal einmal kräftig in den Arm zu nehmen. »Man muss sich doch auch einmal freuen in diesen schwierigen Tagen.« Am Sonntag vermeldete Leverkusens Fußball GmbH bereits die vorzeitige Trennung von dem Berufsfußballer, der die heile Welt unter dem Bayer-Kreuz mit Schlägen, Fußtritten und Kopfstößen erschüttert hatte.

Seitdem der 34-jährige Spahic im Anschluss an das Pokalspiel gegen den FC Bayern mit seltsamen Gefolgsleuten im Innenraum der Bay-Arena wie von Sinnen auf eigene Ordner eingeprügelt hat, von denen vier im Krankenhaus behandelt wurden und einem mehrere Zähne ausgeschlagen wurde, stand der Werksverein unter Schock. Schade erklärte: »Emir Spahic ist ein herausragender Fußballspieler, der sich mit seinen Leistungen um Bayer 04 verdient gemacht hat. Die jüngsten Erkenntnisse nach dem Vorfall am vergangenen Mittwoch ließen uns jedoch keine andere Wahl.« Das von eigenen Anhängern in Mainz aufgespannte Plakat (»Emir, einer von uns«) hat nicht verhindert, dass der Klub die Zusammenarbeit mit dem vertraglich eigentlich bis 2016 gebundenen Profi aufkündigte.

Dass die Kollegen mit dem von der Staatsanwaltschaft wegen schwerer Körperverletzung angeklagten Rüpel längst abgeschlossen hatten, war bereits aus dem Statement von Kapitän Simon Rolfes nach dem 3:2-Sieg herauszuhören. »Wir wünschen dem Ordner gute Besserung: Er gehört auch zu unserem Verein. Der Sieg ist auch für ihn.« Mehr Distanz zu einem Mitspieler geht nicht. Da nützte dem 2013 verpflichteten Bosnier auch ein Eingeständnis in schriftlicher Form nichts mehr. Er bedaure sein Verhalten, »für dieses möchte ich mich bei den Betroffenen und deren Familienangehörigen entschuldigen«, ließ Spahic mitteilen, der der Vertragsauflösung ohne jede weitere Forderungen zustimmte.

Die fristlose Kündigung wegen vereinsschädigenden Verhaltens war aus vielerlei Gründen unvermeidlich. Torwart Bernd Leno räumte ein, »dass wir nicht wussten, dass Emir solche Grenzen überschreitet«. Bereits in sechs Ländern hat Spahic gespielt und wird wegen seiner grenzwertigen Spielweise allerorten gefürchtet. Seinen Hang zum Jähzorn hat er teamintern aber wohl gut verstecken können, dabei ist längst ein weiterer Vorfall bekannt. Wie Kommunikationschef Meinolf Sprink nun bestätigte, sei Spahic bereits im September 2013 gegen Pressesprecher Dirk Mesch handgreiflich geworden, als der den Auftrag gegeben habe, das Fahrzeug von Spahic für wenige Meter auf dem Klubgelände umzuparken. Mesch wollte damals dem Spieler nur den Schlüssel wiedergeben. »Es stimmt aber nicht, dass Spahic dabei gewürgt hat«, sagte Sprink.

Angesichts solcher Ausbrüche erschienen nicht nur vier Platzverweise binnen 19 Monate in einem anderen Licht, sondern war auch eine Begnadigung für den »Kämpfer mit dem großen Herz (Spahic im Vereinsmagazin über sich) ausgeschlossen. «Der Fall ist zu groß», erläuterte Roger Schmidt. Der Coach war sichtlich betroffen: «Das ist eine sehr traurige Geschichte, die aus dem Nichts kam. Der Spieler hat viel geleistet und viel Verantwortung getragen.» Auf dem Platz gelang es bereits, die Lücke des ohnehin am Syndesmoseband verletzten Spahic zu schließen: Der zuvor zumeist auf den Außenbahn eingesetzte Tin Jedvaj überzeugte an der Seite von Ömer Toprak als Innenverteidiger auf Anhieb. Der 19 Jahre junge Kroate, im Winter für fast sieben Millionen Euro fest vom AS Rom verpflichtet, biss sich mit einem Stammplatzanspruch in die Aufgabe und erledigte auf angenehme faire Art seine Arbeit. «Er ist die Zukunft. Dafür haben wir ihn geholt», lobte Schmidt. Und Schade pries gar «hinten ein Bollwerk», in dem der Haudrauf Spahic seit gestern Geschichte ist.

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