Linken-Ministerinnen: »Jeder Mensch ist willkommen«
Golze und Werner legen Eckpunktepapier für »Flüchtlingspolitik mit humanitärem Kompass« vor / Uneingeschränktes Grundrecht auf Asyl als Kernforderung
Berlin. Die Sozialministerinnen von Brandenburg und Thüringen, Diana Golze und Heike Werner, haben sich für eine »Flüchtlingspolitik mit humanitärem Kompass« ausgesprochen. »Das Grundrecht auf Asyl gehört zu den tragenden Pfeilern unserer Verfassung und zu den wichtigsten Lehren aus der deutschen Geschichte«, heißt es in einem Eckpunktepapier unter der Überschrift »Jeder Mensch ist willkommen«, das die Linkenpolitikerinnen am Montag vorstellen wollen. Trotz steigender Flüchtlingszahlen könne »von einer Überforderung der deutschen Gesellschaft« nicht die Rede sein. Wer so rede, »betreibt verbale Brandstiftung und letztlich das Geschäft derjenigen, die am rechten Rand Vorurteile gegen Flüchtlinge und Migranten schüren«, schreiben Golze und Werner.
Eine »Flüchtlingspolitik mit humanitärem Kompass« solle sich den beiden Politikerinnen zufolge an 16 Eckpunkten orientieren, zu denen unter anderem die Forderung nach Wiederherstellung des Grundrechts auf Asyl sowie die Streichung der »einschränkenden Bestimmungen im Grundgesetz, nämlich die Prinzipien sicherer Drittstaaten, verfolgungsfreier Herkunftsstaaten und das Flughafenverfahren aus dem Grundgesetz« gehörten. Auch lehne man eine weitere Verschärfung des Asylrechts ab und setze sich für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetz und der Residenzpflicht ein. Golze und Werner fordern die Bundesregierung auch auf, mehr finanzielle Verantwortung gegenüber Ländern und Kommunen zu übernehmen. »In den Bundesländern, die von der LINKEN mitregiert werden, haben wir gezeigt, wie klare Prioritäten in der Flüchtlingspolitik gesetzt werden«, heißt es in dem Papier.
Die beiden Sozialministerinnen sprechen sich darüber hinaus für eine bessere Gesundheitsversorgung, den sofortigen Zugang zu Sprach- und Partizipationskursen für Flüchtlinge, ein Recht zur Aufnahme von Arbeit ab dem ersten Tag sowie den Schutz von Bildung und Ausbildung vor Abschiebung aus. Zudem sollen humanitäre Maßnahmen der Länder erleichtert werden. »Im vergangenen Winter haben die Bundesländer Thüringen und Schleswig-Holstein als humanitären Akt einen Abschiebestopp verhängt und damit die ihnen zur Verfügung stehenden Spielräume auf beispielhafte Weise ausgenutzt. Wir fordern die bundesgesetzliche Ausweitung und Präzisierung dieser gesetzlichen Spielräume für humanitäre Maßnahmen der Länder, um die Möglichkeiten zur Verhängung von sachlich begründeten Abschiebestopps zu verbessern«, heißt es in dem sechsseitigen Papier, das dem »nd« vorliegt.
Die Linkenpolitikerinnen fordern zudem, »dass sich die demokratischen Parteien darauf verständigen, niemals und nirgendwo gemeinsame Sache mit denjenigen zu machen, die am rechten Rand die Debatten um die steigenden Flüchtlingszahlen für braune Hetze instrumentalisieren«. Es dürfe sich nie wieder ereignen, dass Rechtsradikale und Rassisten mit Bürgern gemeinsam gegen Flüchtlinge protestieren. »Demokraten demonstrieren immer gegen Nazis, niemals mit ihnen«, heißt es in dem Papier. Darin wird auch eine bessere Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements für und der Selbstorganisation von Flüchtlingen gefordert.
In der Bundesrepublik haben im vergangenen Jahr rund 200.000 Menschen Schutz und Asylgesucht. Die Zahlen liegen zwar höher als in der Vergangenheit, sind aber gemessen an der Gesamtbevölkerung niedrig. Der Libanon zum Beispiel, hat mit rund 4,5 Millionen Einwohnern bereits 850.000 Flüchtlinge aufgenommen. Auch Golze und Werner gehen von in diesem Jahr steigenden Asylzahlen aus - es sei möglich, dass die Zahl bei mehr als 400.000 liegen könnte, wie es Experten prognostizieren. »Dieser Anstieg markiert vor allem für die Länder und Kommunen, denen die Zuständigkeit für die Erstaufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge zufällt, eine erhebliche Herausforderung, auf die eine verantwortliche Flüchtlingspolitik reagieren muss«, so die Linkenpolitikerinnen. Es sei aber »völlig inakzeptabel, wenn einzelne politische Kräfte die gestiegenen Flüchtlingszahlen als Sicherheitsproblem kennzeichnen und damit die hier um Schutz nachsuchenden Menschen denunzieren«. Asyl und Zuwanderung brauche »nicht nur rechtliche Standards sondern eine Willkommenskultur und eine Kultur des Ankommens«, so Golze und Werner. nd
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