Was das Kanzleramt so Aufklärung nennt

Wie die CDU die Untersuchungen des NSA-Untersuchungsausschusses bremst

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.
Die 47. Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses zeigte, wie viel von der angekündigten Aufklärung in der BND-Affäre zu halten ist. Das Kanzleramt und die CDU unternehmen alles, um zu bremsen.

Eine neue Offenheit hielt bei den Zeugen des BND Einzug. Zeuge R.U. ist seit etwa 2010 Dienststellenleiter der Satellitenüberwachungsstation in Bad Abiling. R.U. war bereits Ende September 2014 als Zeuge im Ausschuss. Sein Auftreten damals: eingeschüchtert, unter Stress und vielfach verwies er darauf, dass er über konkrete Inhalte nur in nicht-öffentlicher Sitzung reden wolle.

Watchdog am Mikrofonknopf

Die Forderung nach Geheimhaltung nahm ihm in dieser Sitzung der Vertreter des Bundeskanzleramtes Regierungsdirektor Philipp Wolff ab. Interventionsbereit parkte dessen Finger über der Sprechtaste des Mikros. Der Zeuge durfte in dieser Sitzung jedoch lediglich eingestehen, dass der BND durchaus auf die Snowden-Veröffentlichungen reagiert habe.

Im September 2014 hatte der Zeuge noch den Eindruck erweckt, das die Presseveröffentlichungen nicht für viel Aufsehen im BND gesorgt hatten. Nun hieß es, dass es massig Überstunden und Wochenenddienste gegeben habe - »Das habe ich in der letzten Aussage anders dargestellt – das können Sie jetzt gegen mich verwenden oder auch nicht.«, so Zeuge R.U.

Zur eigenen Wahrnehmung von kritischen Selektoren, wie EADS oder Eurocopter oder zu Aufbau und Struktur will und darf R.U. auch in dieser Sitzung nichts sagen. Auch habe er nicht, wie es in der Zeitung stand einen Löschbefehl gegeben. Gemeint sei lediglich »sperren« gewesen.

Eine nicht-öffentliche Sitzung mutete der Ausschuss dem erkrankten Zeugen nicht zu – seine Aussagezeit war an diesem Tag auf zwei Stunden begrenzt. Ohnehin sei er nur ein kleines Licht.

BND mauert

Der Unterabteilungsleiter Zeuge D.B. brachte ein Novum in den Ausschuss und machte zeitweise von seinem Recht auf Aussageverweigerung gebrauch. Angeblich versickerte bei ihm die weitere Meldung an vorgesetzte Stellen, wie das Kanzleramt. Der Zeuge wich sämtlichen Versuchen der Opposition aus, einen Bezug zwischen dem Pofalla-Ausspruch vom 12. August 2013 und den internen Prüfungen des BND herzustellen. Pofalla hatte damals wortgewaltig die NSA-Affäre für beendet erklärt.

Kritische Selektoren von europäischen Unternehmen fielen auf, wurden aber – so die Darstellung des Zeugen – herausgenommen und der Vorfall nicht weiter gemeldet. »Ich melde doch auch nicht weiter 'Im Keller hat das Licht gebrannt, aber ich hab es ausgemacht'.« Gegen diese Darstellung spricht, dass aber sehr wohl in höheren Ebenen des BND reagiert wurde und es Regelungen gab, die Überwachung europäischer Instanzen zu regulieren.

All das soll offenbar die Darstellung von Bundeskanzlerin Merkel aus dem Wahlkampf 2013 stützen, in der sie den Aussagen der Amerikaner glauben schenkte, dass es weder Industriespionage, noch Spionage gegen deutsche oder europäische Institutionen geben würde.

Nerds im BND

Mit Zeuge Dr. T. trat ein technisch kompetenter, aber sehr stark eingeschüchterter Staatsdiener auf, der sich selbstverständlich an Weisungen von Vorgesetzten hält, die für ihn entscheiden, ob Ergebnisse schriftlich fixiert werden sollen oder nicht. Falls es Plan des BND war, ihn als Urheber der 2013 entstandenen Liste von rund 2.000 Zielen mit etwa 12.000 verschiedenen Selektoren zu präsentieren, scheiterte dieser Versuch.

Zwar hat Dr.T. die untergeschobenen Suchmuster erkannt und weitergemeldet – eine Entscheidung über die weitere Prüfung aller Selektoren oblag ihm aber ebenso wenig, wie das Anlegen von Suchlisten. Welche Begriffe letztlich identifiziert werden sollen – und welche besser nicht – unterliegt dem Methodenschutz.

Das Fazit: eine Klarheit über den zeitlichen Ablauf und über die Selektoren wird es in öffentlichen Sitzungen nicht geben. Das Kanzleramt sowie die CDU unterbinden, dass der Ausschuss die Selektorenlisten einsehen darf, dass Sondersitzungen zeitnah zu schweren Vorwürfen stattfinden und dass über das Vorgehen der Dienste öffentlich diskutiert werden kann.

Der NSA-Untersuchungsausschuss muss die Selektorenlisten sehen und prüfen, mit welchen Suchmustern operiert wird. Dienen diese der Terrorbekämpfung oder stützen sie eher die Politik der Kanzlerin. Da wundert es nicht, dass die Frist zur Vorlage der Selektorenlisten bereits seit April abgelaufen ist.

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