Eurogruppe erklärt »Fortschritt« - macht aber keinen

Treffen in Brüssel: Gläubiger pochen auf »mehr Zeit« - weiter offene Fragen im Streit um blockiertes Kreditprogramm / Verwunderung über Schäubles Äußerungen zu Referendum / Varoufakis: Werden keine Vereinbarung unterzeichnen, die keinen Weg aus der Krise

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Update 19.30 Uhr: Die Euro-Finanzminister haben keinen substanziellen Schritt in Richtung der Position der SYRIZA-geführten Regierung in Athen gemacht. Nach dem Treffen in Brüssel sagte der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, es habe zwar Fortschritte in den Verhandlungen über die Bedingungen der Gläubiger gegeben, auch sei eine Beschleunigung in den Gesprächen erreicht worden. Dies reiche aber noch nicht aus. Auf Nachfragen von Journalisten sagte Dijsselbloem, Athen könne mit einer teilweisen Auszahlung rechnen, wenn es eine teilweise Umsetzung des laufenden Kreditprogramms auf Basis der Bedingungen der Gläubiger darlegen könne.

In einem offiziellen Statement der Eurogruppe hieß es, »mehr Zeit und Mühe sind nötig, um die Lücken in den noch offenen Fragen zu überbrücken«. Es sei bekräftigt worden, dass die Vereinbarung vom 20. Februar »der gültige Rahmen« für die Debatte bleibe. Sobald auf Arbeitsebene eine Einigung über das laufende Kreditprogramm erzielt worden sei, würden die EU-Finanzminister über eine mögliche Auszahlung der ausstehenden Kreditgelder im Rahmen der derzeitigen Regelung entscheiden.

Es müsse »noch viel passieren«, bevor das Hilfsprogramm für Athen Ende Juni auslaufe, sagte ein ungenannter EU-Vertreter der Nachrichtenagentur AFP. Die Erklärung der Euro-Finanzminister sei »ein klares Zeichen, dass der Prozess fortgesetzt wird. Das ist schon was.« Ob es auch der Europäischen Zenrtralbank (EZB) ausreiche, wisse er nicht. »Sie haben ihre eigene Art und Weise, die Dinge zu tun.« Die griechische Regierung hatte sich nach Angaben aus Athen von dem Treffen unter anderem erhofft, dass die EZB die erlaubte Schwelle für kurzfristige Staatsanleihen (T-Bills) anhebt, damit Griechenland flüssig bleibt.

Derweil leitete Athen am Montag die fristgerechte Rückzahlung an den IWF über 750 Millionen Euro in die Wege. Die griechische Schuldenagentur PDMA sei am Montag mit der Transaktion beauftragt worden, erklärte das Finanzministerium in Athen. Die Rückzahlung wird am Dienstag fällig. Die nächste Zahlung an den IWF steht am 5. Juni an und beträgt 302,5 Millionen Euro. Zwischen Juni und August muss Athen insgesamt 11,5 Milliarden Euro an den IWF und die EZB zurückzahlen, was ohne Hilfe von außen kaum zu stemmen sein dürfte. Zudem muss das Land Interessenten für die Erneuerung kurzfristiger Staatsanleihen über drei und sechs Monate mit einem Gesamtvolumen von 9,2 Milliarden Euro finden.

Update 17.50 Uhr: Zwei Äußerungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zu einem möglichen Referendum in Griechenland über die Bedingungen der Gläubiger für eine Auszahlung aus dem blockierten Kreditprogramm haben für Verwunderung gesorgt – und das ist noch zurückhaltend ausgedrückt.

Der CDU-Politiker war unmittelbar vor Beginn des Treffens der Eurogruppe in Brüssel am Montag von Nachrichtenagenturen mit den Worten zitiert worden: »Wenn die griechische Regierung meint, sie muss ein Referendum machen, dann soll sie ein Referendum machen.« Es wäre »vielleicht sogar eine richtige Maßnahme, das griechische Volk entscheiden zu lassen«, sagte Schäuble. Dieses müsste dann darüber abstimmen, »ob es das, was notwendig ist, bereit ist zu akzeptieren, oder ob es das andere will«.

Was »das andere« ist, ist von Schäuble nicht überliefert – Beobachter gingen aber davon aus, dass damit die Zahlungsunfähigkeit und damit ein möglicher Grexit Griechenlands gemeint seien. In einem Interview mit der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« hatte der Bundesfinanzminister zuvor erklärt, die Bundesregierung müsse »alles tun, um Griechenland unter verantwortbaren Konditionen in der Eurozone zu halten«. Dies hatte die Frage aufgeworfen, was unter »verantwortbar« zu verstehen sei. Und welche Konsequenzen der CDU-Politiker für tragbar hält, wenn diese Konditionen nicht erfüllt werden.

In dem Interview äußerte sich Schäuble ebenfalls schon zum Thema Referendum: Er wies selbst auf Äußerungen des griechischen Premiers Alexis Tsipras hin, der wie andere SYRIZA-Politiker erklärt hatte, sollten die Gläubiger Bedingungen durchsetzen, die nicht durch das demokratische Mandat der Regierung vom 25. Januar gedeckt seien, könne ein Referendum nötig werden. Auf die Zwischenfrage der Zeitung, »Vor vier Jahren haben Sie den Griechen genau das ausgeredet. Jetzt nicht mehr?«, gab Schäuble die bemerkenswerte Antwort: »Falsch. Damals habe ich Premierminister Giorgos Papandreou sehr zu einem Referendum geraten. Dazu ist es dann nicht gekommen, Papandreou hat darüber sogar sein Amt verloren. Am Ende war und ist es eine souveräne Entscheidung des griechischen Volkes, welchen Weg es gehen will.«

Der Wirtschaftskolumnist Norbert Häring kann sich besser erinnern: In Wahrheit habe Schäuble damals im Jahr 2011 »gleich nach Bekanntgabe des Referendums eine schon freigegebene Kredittranche für Athen gestoppt und auch auf andere Weise zusammen« mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Premier Nikolas Sarkozy »massiv Druck auf Papandreou gemacht, bis dieser schließlich zurücktrat.« Eine Pressesprecher im Bundesfinanzministerium, so Häring, »konnte auf Anfrage den Widerspruch nicht aufklären«.

In einem Beitrag für Handelsblatt Online schreibt Häring: Medien hätten damals »übereinstimmend« berichtet, »dass Merkel, der französische Regierungschef Sarkozy und Schäuble Papandreou mit der Drohung unter Druck setzten, ein Nein der Griechen zum Rettungspaket bedeute den Rauswurf aus der Währungsunion. Das müsse den Wählern klar gemacht werden.« Und weiter: »Es sieht ganz so aus, als wolle der Bundesfinanzminister die Geschichte des verunglückten Rettungsprogramms neu schreiben.«

Update 15.50 Uhr: Das Eurogruppen-Treffen werde »wahrscheinlich« keine Einigung bringen, sagte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici in Brüssel. Er sprach aber von »bedeutenden Fortschritten«, die erreicht worden seien. »Das ist ein wichtiges Treffen.« Es diene dazu, »die Absichten der griechischen Seite zu überprüfen«. »Es geht hier nicht um Raketenwissenschaften«, sagte der slowakische Finanzminister Peter Kazimir. Geld für Griechenland sei vorhanden. Um es zu erhalten, müsse Athen das tun, was mit der Eurogruppe vereinbart worden sei. Kazimir zufolge liegt eine Liste aus Athen vor, es fehle aber noch an »Inhalt«, insbesondere bei den von den Gläubigern verlangten Reformmaßnahmen und Haushaltszielen.

Update 12.35 Uhr: Athen hat Zweifel aus dem Weg geräumt, die Regierung könnte die am Dienstag anstehende Schuldenrückzahlung an den Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht leisten. Griechenland wolle alle seine Verpflichtungen erfüllen, sagte der griechische Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis am Montag in Athen. Er reagierte damit auf die Frage, ob Griechenland an diesem Dienstag eine Tilgungszahlung an den IWF in Höhe von 756 Millionen Euro leisten werde. »Die griechische Regierung hat die Verantwortung, alle ihre Verpflichtungen sowohl im In- als auch im Ausland zu erfüllen«, sagte Sakellaridis. Zuvor waren in der griechischen Presse Spekulationen mit Berufung auf Regierungskreise wiedergegeben worden, Griechenland könnte am Dienstag die Tilgungstranche an den IWF nicht überweisen.

Varoufakis: »Haben alles Menschenmögliche getan«

Berlin. Die SYRIZA-geführte Regierung in Griechenland hat nach Darstellung von Finanzminister Yanis Varoufakis alles ihr Mögliche getan, um eine Einigung mit der Eurogruppe am Montag zu erzielen. Jetzt müssten die Gläubiger den politischen Willen dazu zeigen, sagte Varoufakis kurz vor seiner Abreise zum Treffen der Eurogruppe am Nachmittag in Brüssel dem Radiosender der linken Regierungspartei Syriza »Sto Kokkino«.

»Griechenland wird keine Vereinbarung unterzeichnen, die keinen Weg aus der Krise weist«, sagte Varoufakis am Montag im Radiosender Sto Kokkino. Ein Abkommen müsse »die Frage der Schulden, der Arbeitslosigkeit und der Rezession« beinhalten. Varoufakis rechnete selbst allerdings nicht mit einer Einigung noch am Montag: »Es wird (heute) schwierig sein«, sagte er. Das (die Einigung) könnte »in den kommenden Tagen« folgen. »Die Regierung hat alles Menschenmögliche getan. Die Lösung ist sichtbar«, so Varoufakis.

Die linksgeführte Regierung verhandelt seit Monaten mit den Euro-Ländern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Auszahlung aus dem laufenden Kreditprogramm. Während Athen seine finanziellen Verpflichtungen stets pünktlich erfüllt hat, ist nach Griechenland seit August 2014 kein Geld der Kreditgeber mehr geflossen. Die Gläubiger verweisen auf Bedingungen, die SYRIZA nicht erfüllen wolle. Tatsächlich hat die Regierung in Athen immer mehr Zugeständnisse gemacht.

Wahlversprechen unter Gläubigerdruck
Berichte: SYRIZA bietet neue Zugeständnisse an / Krisensitzungen in Athen vor Treffen der Eurogruppe / Presse: »Spiel mit der Zeit und dem Feuer« / Schäuble: Griechenland nur »unter verantwortbaren Konditionen« in der Eurozone halten – der Newsblog vom Sonntag zum Nachlesen

Die Verhandlungen werden auch nach Einschätzung Frankreichs noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Es seien noch »einige Tage bis einige Wochen« nötig, um zu einem Abschluss mit Athen zu kommen, sagte der französische Finanzminister Michel Sapin am Montag in Paris, bevor er zu einem Treffen mit seinen Kollegen aus der Eurozone nach Brüssel reiste. Das Treffen müsse zeigen, »dass es Bewegung gibt«, sagte Sapin. Demnach gibt es »Fortschritte, aber sie sind noch nicht reif genug«. Dem französischen Finanzminister zufolge verbesserte sich das Verhandlungsklima in den vergangenen Wochen. Es bleibe aber »ein komplizierter und schwieriger Prozess«.

Derweil kommen wieder barsche Töne aus Deutschland. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Herbert Reul, sieht die Chancen für einen Verbleib Griechenlands im Euro schwinden: »Alle Fakten sprechen dafür, dass es keine Lösung für Griechenland geben wird«, sagte Reul der in Düsseldorf erscheinenden »Rheinischen Post«. »Die griechische Regierung ist überhaupt nicht bereit zu dem zu stehen, was verabredet ist. Das ist unbegreiflich.« Die Stimmung in Brüssel beschrieb Reul mit den Worten: »Entweder die liefern jetzt, oder es ist vorbei.«

Die Deutsche Presse-Agentur verwies auf Medienberichte, denen zufolge in Athen nicht ausgeschlossen wird, dass eine am Dienstag fällige Tilgungs-Tranche an den Internationalen Währungsfonds (IWF) von 756 Millionen Euro nicht zu überwiesen - etwa falls die Eurogruppe sich hart zeigt und die Auszahlung aus dem blockierten Kreditprogramm an Griechenland offen lässt. Dies berichtete die Zeitung »To Vima« am Montag unter Berufung auf Angaben aus Regierungskreisen in Athen. Die Zeitung »Kathimerini« berichtete dagegen, eine mögliche Nichtzahlung der Tranche sei am Wochenende zwar innerhalb der Regierung im Gespräch gewesen, sie solle aber am Dienstag doch ausgezahlt werden. Darauf habe die Mehrheit der Kabinettsmitglieder bestanden. Andernfalls könne es unkontrollierbare Entwicklungen geben.

Der Sprecher der Parlamentsfraktion der regierenden SYRIZA-Partei, Nikos Filis, sagte im griechischen Fernsehen dazu: »Wir sind in ständiger Tagung (der Entscheidungsträger der Regierung). Wir wollen nicht ein Bild der Konfrontation erzeugen angesichts der Verhandlungen (in der Eurogruppe).« Agenturen/nd

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