Der etwas andere Konzernklub
Der FC Ingolstadt feiert den Aufstieg - fürchten muss sich die Bundesliga vor dem Verein trotz der Anbindung an Audi aber vorerst nicht
Ingolstadt. Der FC Ingolstadt ist aufgestiegen und wird in der kommenden Saison der insgesamt 54. Erstligist sein. Somit ist seit Sonntagabend Realität, was FCI-Trainer Ralph Hasenhüttl »ein Stück Fußballgeschichte« nach einem »Riesenjahr« nennt. Durch das 2:1 gegen RB Leipzig dank der Tore von Mathew Leckie und Stefan Lex nach dem frühen Rückstand durch Dominik Kaiser ist dem FC Ingolstadt der verdiente Aufstieg und zudem der Meistertitel in der 2. Bundesliga einen Spieltag vor dem Saisonende nicht mehr zu nehmen. Eingetreten ist damit aber auch, was die Traditionalisten schon lange befürchtet hatten. Für manche aus ihren Reihen ist der FCI nur ein weiterer Retortenklub, für die meisten zumindest ein ungern gesehener Werksverein - wegen der Anbindung an den in Ingolstadt ansässigen Autohersteller Audi.
Doch der zugespitzte Gegenschnitt aus alter und neuer Fußballwelt taugt kaum dazu, die Wirklichkeit des FC Ingolstadt abzubilden. Souverän erreicht wurde die erste Liga nicht mit einem finanziell aufgepumpten und strategisch platzierten Kunstprodukt, sondern mit einem eher durchschnittlichen Lizenzspieleretat (8,5 Millionen Euro) und dem breiten Publikum kaum bekannten Spielern. In der Tabelle der Kadermarktwerte steht Ingolstadt aktuell mit gut 19 Millionen Euro in der zweiten Liga auf Platz fünf, nur knapp vor St. Pauli, Braunschweig und Fürth, aber beispielsweise deutlich hinter dem mit Abstand hochwertigsten Kader von Leipzig (30 Millionen Euro).
Wenn man so will, ist der FCI trotz Audi der bodenständige Kleinwagen unter den Konzernklubs. Daran wird auch der Aufstieg nichts ändern. »Wir werden in der Bundesliga sicherlich am Ende der Lizenzspieler-Etattabelle liegen«, sagte Sportdirektor Thomas Linke und kündigte an: »Wir werden keine verrückten Sachen machen, sondern unserem Weg treu bleiben.« Die Ingolstädter wollen keinen Strategiewechsel vollziehen. Auf Nachhaltigkeit haben sie ihr Projekt ausgerichtet, auf eine gute Infrastruktur, in der junge Spieler weiterentwickelt werden, und vor allem auf regionale Verwurzelung. Dass Audi nun das ganz große Geld locker macht, damit der FCI mit spektakulären Transfers eine Mannschaft zusammenstellen kann, die die obere Tabellenhälfte oder gar die internationalen Plätze aufmischt, ist nicht zu erwarten.
Hasenhüttl hat ohnehin frühzeitig klargestellt, dass er auch eine Etage höher weitgehend mit seinem aktuellen Kader plant. »Ich bin der Meinung: Wenn eine Mannschaft einen Aufstieg schafft, dann hat sie es auch verdient, dort zu spielen«, sagte er. Mit dem um den Klassenverbleib kämpfenden SC Paderborn könne man sich finanziell und sportlich vergleichen, meint Linke. Orientieren wollen sich die Ingolstädter an Freiburg, Mainz und Augsburg.
Dass die Traditionalisten Vorbehalte haben, können sie beim FCI sogar nachvollziehen. Sie finden allerdings auch, dass es ihnen nicht gerecht wird, sie mit Wolfsburg, Leverkusen, Hoffenheim oder Leipzig gleichzusetzen. »Natürlich verbinden die Menschen Fußball mit Tradition«, meint Linke. Er wünscht sich jedoch zugleich Respekt vor dem keinesfalls großspurigen Ingolstädter Weg: »Wir haben eine Vision, aber vor uns muss keiner Angst haben.« Das darf man wohl schon alleine deshalb für durchaus glaubhaft halten, weil Audi als Anteilseigner und Großsponsor des FC Bayern auf absehbare Zeit andere Prioritäten setzen dürfte.
Auf ein nachhaltiges Wachstum ist der FC Ingolstadt allerdings seit der Fusion der verschuldeten Vorgängerklubs MTV und ESV Ingolstadt vor elf Jahren schon ausgerichtet. Das gilt auch für den vor fünf Jahren errichteten Sportpark. Derzeit fasst das Stadion gut 15 000 Zuschauer. Relativ kurzfristig könnte es auf 22 000 Plätze erweitert werden - entsprechende Überlegungen gibt es bereits. Und für einen zweiten, etwas aufwendigeren Ausbau, ließe die Konstruktion auch bis zu 30 000 Plätze zu. Das wäre dann die Größenordnung der Arenen von Wolfsburg, Leverkusen und Hoffenheim. In Ingolstadt sehen sie es eher so: Es wäre die Größenordnung der Arena von Augsburg.
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