Visuelle Stimmen aus Syrien

Eine Ausstellung im Friedrichshainer Box Freiraum zeigt Kunst aus dem Kriegsland

  • Felix Koltermann
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist eher ungewöhnlich, dass es Künstler aus Syrien und nicht internationale Fotografen sind, deren Blick im Mittelpunkt einer Ausstellung über das krisen- und kriegsgeschüttelte Syrien steht. Genau das passiert jedoch in der Ausstellung »My voice rings out from Syria«, die zurzeit in den Galerieräumen des Box Freiraums in Friedrichshain zu sehen ist. Ziel der Ausstellung ist es, die künstlerische Vielfalt und Kreativität syrischer Künstler und ihre Auseinandersetzung mit der politischen Situation ihres Landes aufzuzeigen. Der Ausstellungstitel geht auf ein Gedicht des Damaszener Dichter Nizar Qabbani zurück.

Zu Stande gekommen ist die Ausstellung aufgrund einer Einladung der künstlerischen Leiterin des Box Freiraums, Lena Maculan, an die saudiarabische Expertin für arabische Kunst Nour Wali, für das Gallery Weekend eine Ausstellung zu kuratieren. Zusammengetragen wurden Werke syrischer Künstler, die in verschiedenen europäischen Städten im Exil leben oder noch in Syrien verharren. Vertreten sind unterschiedliche künstlerische Ausdrucksformen und Stilrichtungen von Kalligraphie über Fotografie und Malerei bis hin zu Zeichnungen. Unter den Künstlern sind einige der bekanntesten Vertreter zeitgenössischer Kunst aus Syrien wie Mouneer Al Shaarani, Youssef Abdelke oder Abdullah Murad.

Eine beeindruckende, großformatige Arbeit stammt von Jaber Al Azmeh und trägt den Titel »The Resurrection (Amer Matar)«. Der in Doha lebende Künstler bat Menschen in Syrien und im Exil, ihre Botschaft für die Zukunft Syriens auf einer Titelseite der regimetreuen Tageszeitung »Al Baath« zu hinterlassen. Es sind Botschaften für Frieden und Einheit in Syrien, die von den Porträtierten ins Bild gehalten werden.

Eine eindrucksvolle Dokumentation der politischen Entwicklungen in Syrien stellen die Illustrationen von Hamid Suleiman dar. Die an Comics erinnernden Schwarz-Weiß-Zeichnungen sind das Ergebnis eines aufwendigen Prozesses der Reduzierung von Fotos über Scans und Montagen. Die einzige klassische Fotoarbeit stammt vom bekannten syrischen Fotojournalisten Ammar Abd Rabbo, der wie Hamid Suleiman in Paris lebt. Er zeigt eine Serie mit fünf Bildern aus Aleppo. Er konterkariert das Bild der kriegsgeplagten Stadt mit Bildern, die poetische Aspekte des täglichen Lebens in der Stadt zeigen.

Der Ort, an dem die Ausstellung gezeigt wird, ist eine private Initiative der Architektin Carolina Mojito. Sie hat die alten Pferdeställe in einem Hinterhof der Boxhagener Straße erworben und vorsichtig renoviert. Erhalten geblieben sind vor allem die offenen Backsteinwände, die dem Ort einen sehr eigenen Charme verleihen und die als Präsentationsfläche für die Ausstellung dienen. In Zukunft ist eine gemischte Nutzung mit Ateliers und Ausstellungen geplant.

Das Kuratorinnenteam verbindet mit der Ausstellung auch den Wunsch, den Dialog zwischen syrischen Flüchtlingen und der Berliner Bevölkerung zu ermöglichen. Neben der Ausstellung bietet dafür vor allem das Rahmenprogramm den Raum, unter anderem über interaktive Kochsessions und Diskussionen. Es ist zu hoffen, dass von dieser Initiative ein Impuls über die Ausstellung hinaus zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit Syrien und seiner Bevölkerung ausgeht.

Bis 17. Juni, Boxhagener Straße 96, Hinterhof, Mi-Fr 15-19, Sa 12-15 Uhr. Ein kleiner Katalog ist gegen eine Spende für die Arbeit von Human Rights Watch vor Ort erhältlich.

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