Regenbogenhochzeit nicht mit Hardlinern

Nach dem Votum in Irland: Niedersachsen und Thüringen starten Bundesratsinitiative für Öffnung der Ehe

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.
Öffnet auch Deutschland die Ehe für Homosexuelle? Im Bundesrat wird es Initiativen dazu geben. Doch im Bundestag könnte das Vorhaben an konservativen Kräften in CDU und CSU scheitern.

Während die Altmännerriege im Vatikan angesichts des Ja zur Öffnung der Ehe für Homosexuelle auf der Grünen Insel aufheult und das apokalypsegleiche Ende der menschlichen Kultur nahe wähnt, wird das Votum der Iren sogar innerhalb der sich christlich nennenden deutschen Unionspartei als positives Signal begrüßt. Dass es die Bundeskanzlerin wohlwollend hört, wünscht sich Alexander Vogt, Bundesvorsitzender der Schwulen und Lesben in der CDU. »Ich hoffe, Angela Merkel setzt sich endlich über die Blockierer in der CDU hinweg«, sagte Vogt gegenüber »Spiegel online«. Schützenhilfe bekommt er von der CDU-Vizefraktionschefin im Bundestag, Nadine Schön. »Ich befürworte eine Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare«, erklärte sie im »Focus«. Ihr Parteifreund Thomas Strobl, ebenfalls stellvertretender Fraktionschef, warb in dem Zusammenhang für »einen offenen Blick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen«. Beide wollen eine Debatte über das Thema innerhalb ihrer Partei.

Zweifellos werden sie dabei auf den Widerstand stoßen, besonders in der CSU. Auf jene Kräfte, die auf dem Familien- und Eheklischee der purpurtragenden Junggesellen hinter den Mauern des Vatikans festgenagelt sind und Nein sagen zur Regenbogenhochzeit mit offiziellem Trauschein.

An den Konservativen in der Union, so erwartet auch Justizminister Heiko Maas (SPD), werde die Öffnung der Ehe im Bundestag scheitern. Können Sozialdemokraten aus den Ländern ihre Genossen in Berlin auf Trab bringen? Sie sogar dazu bewegen, sich in dieser Sache nicht dem Koalitionszwang zu unterwerfen? Solche Überlegungen haben Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen in Kommentaren ihrem Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) nahe gebracht, nachdem er dieser Tage im sozialen Netzwerk Facebook postete: »Die Gleichstellung von homosexuellen Paaren in Deutschland ist nur noch eine Frage der Zeit. Ich bin dafür, sie zu verkürzen.« Damit steht Weil in seiner rot-grünen Regierung nicht allein da. Sie will eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen mit dem Ziel, gleichgeschlechtlichen Paaren eine formelle Ehe zu ermöglichen. Die Initiative werde vor allem Erleichterung bei Adoptionen mit sich bringen, heißt es in Hannover. Schon im Juni könnte sie auf der Tagesordnung der Länderkammer stehen.

Niedersachsen hofft nun, von anderen Ländern unterstützt zu werden. Und Thüringen macht mit: Das rot-rot-grüne Kabinett hat sich ebenfalls für eine Bundesratsinitiative zur »Ehe für alle« entschieden. Aus weiteren Ländern gibt es noch keine positiven Signale, wohl aber eine ablehnende Stimme aus Mecklenburg-Vorpommern. Das von SPD und CDU geführte Land wird das Engagement von Niedersachsen und Thüringen voraussichtlich nicht mittragen, war zu erfahren. Grund: Die CDU in Schwerin wird kaum über die Regelungen jenes Gesetzentwurfs hinausgehen, der am Mittwoch im Bundeskabinett zur Gleichstellung schwuler und lesbischer Paare beschlossen wurde. In diesem Gesetz geht es unter anderem um bessere Bedingungen im Erb- und im Asylrecht für eingetragene Lebensgemeinschaften. Auch können Homosexuelle, die im Ausland heiraten wollen, künftig von deutschen Behörden die von einigen Ländern verlangten Bescheinigungen erhalten, zum Beispiel einen Nachweis über das Leben als Ledige. Den Befürwortern der Öffnung der Ehe gehen die neuen Regelungen indes nicht weit genug.

Die schwarz-gelbe Opposition in Niedersachsen hat sich bislang nicht klar zur Initiative der Landesregierung positioniert. Aus der Jugendorganisation der FDP, von den Jungen Liberalen, gibt es allerdings ein deutliches Bekenntnis zur Eheöffnung. Nach dem klaren Ergebnis in Irland müsse auch die Bundesrepublik in der gesellschaftlichen Realität ankommen, meint ihr Landesvorsitzender Lars Alt. Es sei zu hoffen, dass auch die CDU »ihre konservativen Scheuklappen ablegt«.

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