15 Stimmen und eine Tür

Verwirrung in Greifswald: Einsprüche gegen OB-Wahl vom 10. Mai beschäftigen Bürgerschaft

  • Lesedauer: 3 Min.
Das Echo war groß, als Stefan Fassbinder im Mai in Greifswald knapp zum ersten grünen Oberbürgermeister im Osten gewählt wurde. Doch es gibt Einsprüche, am 8. Juni befasst sich die Bürgerschaft damit.

Greifswald. Gegen die Oberbürgermeisterwahl in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) mit dem knappen Sieg von Grünen-Politiker Stefan Fassbinder sind drei Einsprüche eingegangen. In allen Einsprüchen werde kritisiert, dass ein Wahllokal über eine bestimmte Zeit nicht erreichbar gewesen sei, weil die Tür ins Schloss gefallen sei und sich von außen nicht habe öffnen lassen, sagte die Leiterin des Wahlbüros. In einem Einspruch werde zudem die Frage aufgeworfen, ob vor Aushändigung der Stimmzettel die Vorlage des Ausweises oder anderer Identifikationspapiere erforderlich sei.

Auch der bei der Wahl unterlegene Bausenator Jörg Hochheim (CDU) hat einen der Einsprüche eingereicht. Fassbinder, der für ein Bündnis von LINKEN, Grünen, SPD und Piraten angetreten war, hatte die Stichwahl in der 56 000-Einwohner-Stadt am 10. Mai hauchdünn mit 15 Stimmen Vorsprung vor seinem Kontrahenten Hochheim gewonnen. Die CDU stellte seit 1990 das Stadtoberhaupt in Greifswald.

Nach Auskunft der Wahlleiterin ist nicht nachvollziehbar, wie lange die Tür geschlossen war, teilte die Stadtverwaltung mit. Es gebe keinen anderen Wähler, der sich diesbezüglich beschwert habe. Auch habe der Einspruchsführer noch von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht. »Insofern ist nicht bekannt, dass irgendeiner nicht wählen konnte.« Die Einsprüche werden rechtlich geprüft und mit einer Stellungnahme an die Bürgerschaft weitergegeben. Diese befasst sich am 8. Juni damit, ob womöglich ein Wahlprüfungsausschuss eingesetzt und wie weiter verfahren wird.

Hochheim erklärte, erst kurz vor Ablauf der Frist seinen Einspruch eingelegt zu haben, nachdem er aus den Medien vom ersten Einspruch eines betroffenen Bürgers erfahren hatte. Zunächst müsse geprüft werden, ob und wie lange das Wahllokal nicht zugänglich gewesen war. Falls das Wahllokal für längere Zeit aber nicht erreichbar war, halte er bei 15 Stimmen Unterschied durchaus einen anderen Wahlausgang für möglich. Er habe Einspruch eingelegt, um in dem Verfahren nicht unbeteiligter Dritter zu sein. Auch Wahlsieger Fassbinder ist an Aufklärung interessiert. »Wichtig ist, dass jetzt alles aufgeklärt wird und festgestellt wird, wie erheblich die Einsprüche sind«, sagte Fassbinder. Betroffen ist der Wahlbezirk 093 in einer Betreuten Wohneinrichtung in einem Plattenbauviertel. Dort hatte Hochheim mit 59,94 Prozent gewonnen. Er errang 187, Fassbinder 125 Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag in dem betroffenen Wahlbezirk bei der Stichwahl mit 23,85 Prozent klar unter der stadtweiten Beteiligung von 35,3 Prozent und rund dreieinhalb Prozent niedriger als beim ersten Wahlgang.

Abhängig vom politischen Votum der Bürgerschaft und eventuellen Klagen vor dem Verwaltungsgericht ist eine Nachwahl nicht ausgeschlossen. Im Landes- und Kommunalwahlgesetz, Paragraf 40, Absatz 2 heißt es: »Sind bei der Vorbereitung der Wahl oder bei der Wahlhandlung Unregelmäßigkeiten vorgekommen, die das Wahlergebnis oder die Verteilung der Sitze aus den Wahlvorschlägen im Einzelfall beeinflusst haben können, so ist festzustellen, dass die Wahl zu wiederholen ist.« Sollte es zur Nachwahl kommen, wäre diese laut Landes- und Kommunalwahlrecht nur in dem betroffenen Wahlbezirk notwendig. dpa/nd

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