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Ein »Rosenrevolutionär« in Odessa

Der georgische Ukrainer Saakaschwili wird neuer Gouverneur Poroschenkos

  • Ulrich Heyden, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
In Georgien wegen Korruption auf der Fahndungsliste, soll Michail Saakaschwili als neuer Gouverneur von Odessa gegen Korruption in der Hafenstadt vorgehen.

Seit 25 Jahren seien sie Freunde, erklärte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko, bevor er am Sonnabend Michail Saakaschwili zum neuen Gouverneur des Gebietes Odessa ernannte. Saakaschwili kündigte an, er werde für Polizei und Staatsanwaltschaft neue Leiter berufen und gegen die Korruption im Hafen von Odessa vorgehen. Die Hafenstadt könne so ein »Wunder« werden, wie die georgische Hafenstadt Batumi.

Saakaschwili ist bereits der vierte Ausländer, der von Poroschenko eingebürgert und mit einem hohen Staatsamt betraut wurde. Ob er nun der geeignete Mann im Kampf gegen die Korruption ist, scheint aber mehr als fraglich. Seit November 2013 ermittelt die georgische Staatsanwaltschaft gegen Saakaschwili, weil er als Präsident Georgiens fünf Millionen Dollar zur Finanzierung luxuriöser Freizeit-Beschäftigungen aus der Staatskasse entnommen haben soll.

Deshalb hat er sich in der Ukraine niedergelassen und brachte gute Voraussetzungen mit. 1992 schloss der Georgier in Kiew ein Universitätsstudium ab und spricht gut Ukrainisch. Auch in die ukrainische »Revolution« mischte er sich ein. Auf dem Maidan in Kiew rief der Georgier, der in den USA eine juristische Ausbildung absolvierte, mehrmals zum Sturz des 2010 gewählten ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch auf.

Michail Saakaschwili wurde bereits im Westen gefeiert, als er im November 2003 an der Spitze der »Rosenrevolution« in Tbilissi den georgischen Präsidenten Eduard Schewardnadse aus dem Amt jagte und sich selbst zum Präsidenten der armen Kaukasusrepublik wählen ließ. Doch das Leben der einfachen Georgier verbesserte sich nicht und gegen den autoritär regierenden Präsidenten formierte sich 2007 erneut eine Massenbewegung. Nach zwei Amtsszeiten durfte er 2013 nicht mehr zur Wiederwahl antreten.

Der ukrainische Präsident braucht Saakaschwili in der unruhigen Südregion der Ukraine nun auch zur Begrenzung des Einflusses des Oligarchen Igor Kolomoiski. Dessen Vertrauensmann Igor Paliza war seit dem Pogrom von Odessa am 2. Mai 2014 Gouverneur der Region am Schwarzen Meer. Im März 2015 kam es zwischen Poroschenko und Kolomoiski zu einem Streit um staatliche ukrainische Energieunternehmen, in dessen Folge der ukrainische Präsident Kolomoiski von seinem Amt als Gouverneur der südostukrainischen Region Dnjepropetrowsk abberief.

Der US-Botschafter in Kiew - so vermuten russische Kommentatoren - habe seinen Einfluss auf Kolomoiski geltend gemacht und dafür gesorgt, dass der Oligarch angedeutete separatistische Pläne der von ihm kontrollierten Region Dnjepropetrowsk nicht weiter verfolgte.

Oligarch Kolomoiski äußerte sich über den neu ernannten Gouverneur des Gebietes Odessa eher etwas wirr. Was Saakaschwili betreffe, sei er erstaunt. »Ich glaube, das ist eine zeitweilige Figur. Er wird Odessa jetzt den Russen geben, und danach wird man es erneut zurückerobern müssen.«

Der Vorsitzende der Radikalen Partei, der Rechtsradikale Oleh Ljaschko, kritisierte die Ernennung eines Ausländers zum Gouverneur des Gebietes Odessa als »Erniedrigung der Ukraine«. Die Radikale Partei bekam bei den Parlamentswahlen im Oktober 2014 acht Prozent der Stimmen und löste die Partei Swoboda von Oleh Tjagnibok als führende Kraft der ukrainischen Rechtsradikalen ab.

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