Tsipras kritisiert neoliberale Blockade

Gerücht über Einigung bewegt Börsen / Varoufakis’ Kandidatin lehnt nach Protesten aus SYRIZA IWF-Amt ab

  • Vincent Körner
  • Lesedauer: 3 Min.
Entgegen allen Gerüchten und Erklärungen war bis Montagabend keine Einigung im Streit um das Kreditprogramm für Athen in Sicht.

Es klang nach einer Sensation, war aber nur ein weiteres Gerücht dieser Art: Am Montagnachmittag, so hieß es im Kurznachrichtendienst Twitter, werde eine Einigung zwischen Athen und den Gläubigern verkündet. Aktienkurse und Anleihemarkt reagierten - doch es war nichts dran. An der Falschnachricht, so wurde Kritik laut, habe dennoch jemand verdient.

In Wahrheit sah es auch zu Wochenbeginn nicht unbedingt danach aus, dass eine Vereinbarung über das von den Gläubigern blockierte Kreditprogramm für Griechenland unmittelbar bevorsteht. Zwar wurde in EU-Kreisen so etwas wie Optimismus laut - doch wer in dem Ringen um die europäische Krisenpolitik wann Hoffnung schöpft, ist auch eine Frage der Perspektive.

Die der SYRIZA-geführten Regierung machte deren Ministerpräsident noch einmal klar: Dass es noch keine Einigung gebe, liege nicht an der Uneinsichtigkeit der griechischen Seite, betonte Alexis Tsipras in der französischen Zeitung »Le Monde«. Seine Regierung habe Reformvorschläge unterbreitet, die auf eine Erhöhung der Staatseinnahmen hinausliefen. Doch dies hätten Vertreter der Gläubiger zurückgewiesen, um an Athen ein Exempel zu statuieren.

»Griechenland ist das erste Opfer«, schrieb Tsipras. Alle Länder, die sich nicht den »Lehren des extremen Neoliberalismus« unterwerfen, »sollen demnach hart bestraft werden«, schreibt Tsipras. Europa hätte die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, die eine schnelle Erholung der griechischen und europäischen Ökonomien ermöglichen. »Welche Strategie wird sich durchsetzen?«, fragt Tsipras mit Blick auf die konträren Politikansätze zur Lösung der Krise. »Die eine, die für ein Europa der Solidarität, Gleichheit und Demokratie steht - oder die, die zum Bruch und zur Spaltung Europas aufruft?«

Ähnlich äußerte sich auch der griechische Außenminister Nikos Kotzias bei einer Veranstaltung der Linkspartei in Marburg. »Wer Griechenland destabilisiert, destabilisiert Europa«, sagte er. Eine Regierung müsse nicht links sein, sondern nur vernünftig, um eine Politik nicht fortführen zu wollen, die seit sechs Jahren katastrophale Folgen für sein Land habe.

Griechenland stand am Montagabend (nach Redaktionsschluss) auch bei einem Treffen von Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker auf der Tagesordnung. Merkel, Hollande und Tsipras hatten bereits Sonntagabend miteinander telefoniert - »konstruktiv«, wie es hieß.

Den Weg, den die Gespräche nehmen, sehen aber nicht alle bei SYRIZA positiv. Das bekam am Montag indirekt auch Finanzminister Yanis Varoufakis zu spüren: Seine Kandidatin für den Posten der griechischen Delegierten beim Internationalen Währungsfonds, die Ökonomin und frühere Regierungsberaterin Elena Panaritis, lehnte das Amt ab. Auf ihre Nominierung hatten Dutzende SYRIZA-Abgeordnete mit Protest reagiert. Mit Agenturen Seite 8

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