Französische Polizei räumt Flüchtlingslager in Paris und Calais
350 Menschen campierten unter Hochbahn-Linie bei Montmartre
Paris. Die französische Polizei hat am Dienstagmorgen ein improvisiertes Flüchtlingslager mitten in Paris geräumt. Rund 350 vor allem afrikanische Migranten wurden aus dem Lager geführt, wie eine AFP-Journalistin beobachtete. Die Räumung verlief ohne Zwischenfälle. Wenige Stunden später wurden in der Hafenstadt Calais am Ärmelkanal rund 140 Flüchtlinge aus zwei Lagern verwiesen.
Die Aktion in Paris begann gegen 6.30 Uhr nahe der Touristenhochburg Montmartre, wo mehrere hundert Flüchtlinge seit Monaten unter verheerenden hygienischen Bedingungen unter einer Metro-Hochbahnstrecke campierten. Sie sollten danach in Bussen zu regulären Flüchtlingsunterkünften in der Region Paris gebracht werden.
Die meisten der Flüchtlinge in dem Lager zwischen den Metro-Stationen Barbès und La Chapelle waren Männer, aber auch Frauen und Kinder waren darunter. Sie hatten auf einem schmalen Streifen inmitten eines vielbefahrenen Boulevards ihre Zelte aufgebaut oder auch einfach nur Matratzen und Schlafsäcke ausgelegt. Die Pariser Stadtverwaltung wollte das Lager schon länger räumen, es fehlte aber an alternativen Unterkünften. In den vergangenen Wochen waren in dem Lager viele neue Flüchtlinge angekommen, unter ihnen Menschen aus dem Sudan, aus Somalia und Eritrea.
In Calais räumte die Polizei zwei improvisierte Lager, in denen rund 140 Flüchtlinge hausten. Wie ein AFP-Reporter berichtete, verließen die Migranten in kleinen Gruppen unter den Augen der Polizisten die Lager. Eines davon hatten sie nahe des Eingangs zum Eurotunnel eingerichtet, der Frankreich mit Großbritannien verbindet. Das zweite Lager befand sich in einem stillgelegten Schrottdepot.
Nach Angaben einer Mitarbeiterin der Hilfsorganisation »Médecins du Monde« (Ärzte der Welt) war zunächst nicht klar, wohin die Flüchtlinge gebracht werden sollen. Die Polizei habe die Migranten aufgefordert, ihre Sachen zu nehmen und zu verschwinden, berichtete Cécile Bossy. »Jeder ist losgerannt.« Eine Gruppe von Minderjährigen sollte nach ihren Angaben in ein reguläres Flüchtlingslager gebracht werden. Dem AFP-Reporter zufolge liefen mehrere Dutzend Flüchtlinge in Richtung Hafen, der rund zwei Kilometer entfernt liegt.
Calais ist seit Jahren ein Anziehungspunkt für tausende von Migranten, die von dort aus nach Großbritannien gelangen wollen. In den vergangenen Monaten gab es in der Hafenstadt wiederholt Zusammenstöße zwischen Flüchtlingsgruppen aus unterschiedlichen Ländern. Auch das improvisierte Flüchtlingslager im Zentrum der französischen Hauptstadt galt als Zeichen für die sich zuspitzende Flüchtlingskrise in Europa. Nach den Plänen der EU-Kommission soll Frankreich in den kommenden zwei Jahren mehr als 9000 zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen. AFP/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.