US-Kongress beschließt Geheimdienstreform
Senat stimmt für Freedom Act / NSA-Zugriffsrechte eingeschränkt / Snowden spricht von »historischem Gesetz«
Washington. Nach langem Streit hat der US-Kongress die von Präsident Barack Obama versprochene Geheimdienstreform verabschiedet. Der Senat stimmte am Dienstag mit breiter Mehrheit für den sogenannten USA Freedom Act, der vergangenen Monat bereits das Repräsentantenhaus passiert hatte. Kurz darauf setzte Obama das Gesetz mit seiner Unterschrift in Kraft. Damit dürfen die US-Geheimdienste künftig im Inland nicht mehr massenhaft Telefon-Metadaten sammeln.
Der USA Freedom Act überarbeitet den nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erlassenen Patriot Act, der den Geheimdiensten im Kampf gegen den Terrorismus weitreichende Zugriffsmöglichkeiten eingeräumt hatte. So speicherte die NSA auf dieser Grundlage in den USA massenhaft Telefon-Metadaten.
Nach einer Übergangszeit von sechs Monaten sollen diese Daten künftig bei den Telefonkonzernen verbleiben. Um auf bestimmte Datensätze zugreifen zu können, muss sich die NSA dann für jeden begründeten Einzelfall einen Beschluss des Spezialgerichts Foreign Intelligence Surveillance Court besorgen. An den umstrittenen Spähaktivitäten der NSA im Ausland ändert sich dadurch aber nichts.
Der Patriot Act war in den vergangenen Jahren immer wieder verlängert worden. Nach den Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden über die NSA-Spähprogramme hatte Obama eine Reform versprochen, das Gesetz steckte aber lange im Kongress fest. In der Nacht zum Montag waren zentrale Bestimmungen des Patriot Act ausgelaufen, weil der Senat wegen einer Blockade des republikanischen Senators und Präsidentschaftsbewerbers Rand Paul das neue Gesetz nicht rechtzeitig verabschiedete. Die US-Geheimdienste mussten daraufhin die Telefondatensammlung im Inland vorübergehend einstellen.
Am Dienstag votierten schließlich 67 der 100 Senatoren für den USA Freedom Act. Zugleich wurden mehrere Änderungsanträge abgeschmettert, die dazu geführt hätten, dass das Gesetz erneut durch das Repräsentantenhaus gemusst hätte.
Republikaner ärgern sich
Der demokratische Senator Patrick Leahy, der das Gesetz mit eingebracht hatte, erklärte, es handele sich um »die erste größere Überarbeitung« der Überwachungsgesetze seit Jahren. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, sprach von einem »Rückschritt«. »Das wird unsere Fähigkeit verringern, auf die Unzahl von Bedrohungen heutzutage zu reagieren«, erklärte McConnell, der mit den Änderungsanträgen den Geheimdiensten weitergehende Kompetenzen hatte sichern wollen.
Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Marco Rubio stimmte im Senat gegen die Reform. Dass die Regelungen des Patriot Act nicht verlängert worden seien, führte er auf »schwache Führungskraft des Präsidenten kombiniert mit einer politisch motivierten Desinformationskampagne« zurück. Rubios innerparteilichen Rivalen Paul ging hingegen auch die Neuregelung zu weit. Er hatte die Reform daher blockiert.
Obama bekommt Zustimmung von Bürgerrechtlern und Snowden
Obama erklärte kurz vor der Unterzeichnung des Gesetzes, er sei »froh, dass der Senat endlich den USA Freedom Act verabschiedet hat«. Das Gesetz schütze die Bürgerrechte und die nationale Sicherheit.
Der Internetkonzern Yahoo! erklärte, die Reform setze »hart erkämpfte und stark benötigte Errungenschaften für Internetnutzer« um.
Zustimmung kam auch von der US-Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU). Die Annahme der Reform sei »ein Zeichen dafür, dass die Amerikaner nicht länger gewillt sind, den Geheimdiensten einen Blankoscheck auszustellen«, erklärte ACLU-Sprecher Jameel Jaffer. Allerdings sei das Gesetz von einer »umfassenden« Reform noch weit entfernt und spare viele Überwachungsprogramme der Regierung aus.
Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hatten das Ausmaß des US-Spähapparats seit Frühsommer 2013 nach und nach ans Tageslicht gebracht. Snowden sprach kurz vor der Verabschiedung im Senat von einem »historischen« Gesetz. Allerdings beklagte auch er, dass der USA Freedom Act die Massenüberwachung durch die NSA noch nicht ausreichend einschränke. Der Ex-Geheimdienstmitarbeiter äußerte sich bei einer Veranstaltung der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in London, wo er per Video aus seinem russischen Exil zugeschaltet war. AFP/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.