Weltklassemusiker aus dem Asylheim
Der Open-Air-Kinosommer »Schöner leben ohne Nazis« startet am Freitag in Neuruppin
Wenn am Sonnabend Neonazis in Neuruppin aufmarschieren, dann wird ihnen eine bunt zusammengesetzte Gegenveranstaltung die Schau stehlen und ihnen so in die Parade fahren. Bestandteil des vielfältigen und ideenreichen Festes für alle ist bereits am Freitagabend der Start zum diesjährigen Kinosommer »Schöner leben ohne Nazis«. Auf dem Neuruppiner Schulplatz wird der Film »Can’t Be Silent« aufgeführt. Der Eintritt ist frei.
Zunächst gibt es ab 19 Uhr ein Gespräch mit Regisseurin Julia Oelkers. Ihr Streifen aus dem Jahr 2013 wird dann um 20 Uhr gezeigt. Die Filmemacherin begleitete den Liedermacher Heinz Ratz, der 80 Asylbewerberheime in Deutschland aufsuchte und dort Musikerkollegen von Weltklasseformat entdeckte. Kurzerhand erweiterte Ratz seine Combo »Strom & Wasser« durch ein »feat. The Refugees« und begeisterte bei einer großen Deutschlandtournee ein riesiges Publikum, heißt es in der Ankündigung des Films. Zehn kostenlose Kinoabende mit zusammen sechs Filmen werden sich vor allem dem Thema Flüchtlinge widmen. Der Kinosommer will, so Anna Spangenberg vom Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Verständnis für die Situation von Flüchtlingen wecken.
Laut Geschäftsführerin der F.C.Flick-Stiftung, Susanne Krause-Hinrichs, soll die Filmreihe Jugendliche sensibel machen und mit dazu beitragen, dass »es gar nicht zu solchen rechtsextremen Aufmärschen kommt«. Die Stiftung finanziert Jugendprojekte gegen Rechtsextremismus mit 40 000 Euro im Jahr. Spangenberg erinnerte an 39 Naziaufmärsche, die es im laufenden Jahr schon gegeben habe. 36 Aufmärsche hatten einen flüchtlingsfeindlichen Bezug. Im gesamten vergangenen Jahr seien 14 derartige Aufmärsche mit mehr als 30 Teilnehmern gezählt worden, erklärte Spangenberg. Schauplatz seien im laufenden Jahr beispielsweise Brandenburg/Havel, Oranienburg, Wittstock und Frankfurt (Oder) gewesen. In Werder/Havel habe sich die rechte Partei »III. Weg« eingenistet.
Um dem etwas entgegenzusetzen, wurde der von der Flick-Stiftung finanzierte Kinosommer aus der Taufe gehoben. Mitorganisatorin Melanie Ibell vom Landesjugendring sprach von »Bausteinen« im Ringen um eine flüchtlingsfreundliche Gesamtsituation.
Auf die Frage, ob reflexartige Gegendemonstrationen kleine Naziaufmärsche nicht nur aufwerten, sagte Spangenberg, diese Diskussion werde in ihrem Bündnis durchaus geführt. Man habe sich dafür entschieden, die Aufmärsche »nicht unkommentiert« zu lassen.
Abgeschlossen wird der Kinosommers am 23. September auf dem Potsdamer Jungendfreizeitgelände »Freiland«. Als Attraktion sollen bei dieser Gelegenheit 150 Liegestühle mit antifaschistischen Motiven versteigert werden. Die Stühle machen zuvor die Kinosommerreise durch Brandenburg mit.
Auftrittsorte und Programm des Kinosommers unter: ljr-brandenburg.de
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