Das späte Tor in Edmonton lässt ganz Vancouver jubeln

Die kanadischen Gastgeberinnen bezwangen zum Auftakt der Fußball-Weltmeisterschaft die favorisierten Chinesinnen mit 1:0 und erhöhten somit gleich den Druck

  • Luise Wagner
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Frauen-WM wird in den nächsten Wochen für Aufmerksamkeit sorgen. Gastgeber Kanada startete mit einem 1:0-Sieg gegen Favorit China in der Nachspielzeit.

Vancouver. Die Westküsten-Metropole Vancouver startet zwar erst am Montag mit den ersten beiden Gruppenspielen (Japan - Schweiz und Kamerun - Ecuador) so richtig in diese Weltmeisterschaft. Doch schon am Sonntag wurde in Vancouver gespannt verfolgt, was das kanadische Nationalteam beim Auftaktspiel im 820 Kilometer entfernten Edmonton gegen China auf den Rasen brachte. Immerhin stammt die 31-jährige Torschützin Christine Sinclair aus Burnaby, einem Vorort Vancouvers. Und ihr Elfmetertor wurde natürlich frenetisch gefeiert!

Christine Sinclair gilt bei vielen Kanadiern als die kanadische Mia Hamm. Ein Altstar mit starken Nerven. Ihr Tor in der Nachspielzeit erlöste die fiebernde Fangemeinde. Das Partyzelt in der extra eingerichteten Fanzone war proppenvoll mit bunt gemischtem Publikum vieler Nationalitäten - typisch für die beliebteste kanadische Einwandererstadt. Es war ein lustiger Familiennachmittag, zu dem man sich unweit des Heimstadions BC Place auf dem Festplatz mit Public-Viewing-Leinwänden traf. Zwei riesige Bildschirme wurden aufgespannt und lange Holztische aufgestellt, um ein bisschen Bierzeltatmosphäre zu verbreiten. Die meisten Fans zogen allerdings das koffeinhaltige Brausegetränk statt dünnes Biergebräu aus den USA vor. Schließlich kostete das Biergläschen satte sechs Dollar. Und da blieb man lieber alkoholfrei.

Vancouver gilt in Kanada als die Soccer-Hauptstadt. Hier ist das Wetter vergleichsweise mild und die Spielsaison länger als im Norden oder an der Ostküste mit den harten langen Wintern. Soccer ist auch hier vor allem ein Sport der Mädchen. Die Jungs tragen lieber Schlittschuhe als Stollenschuhe und spielen eher Eishockey als Fußball. 4400 Frauen und Mädchen kicken in der Metro Womens League in rund 150 Vereinen in allen Altersklassen. Vancouver ist aber auch die asiatischste Stadt außerhalb Asiens. 400 000 Chinesen leben in der Hafenstadt am Pazifik, wo es auch ein eigenes Chinatown im Zentrum gibt.

Ein Besucher in der Fanzone bemerkte amüsiert: »Da spielen gleich zwei Gastgebernationen gegeneinander.« Es gab Dim-Sum-Stände (chinesische Knödel), die unvermeidbaren Burger und jede Menge gratis Winkelemente und rote Sonnenbrillen »Made in China«. Überhaupt überwiegte die Farbe Rot, die sowohl die chinesische als auch die kanadische Flagge färbt. Fragte man die Chinesen in der Fanzone, ob sie für Kanada oder China fieberten, gab es keine eindeutige Antwort. Man fühle sich als Vancouveraner.

Das Immigrantenherz ist zerrissen und schlägt für beide Länder. Und das späte Elfmetertor der etwas nervös agierenden kanadischen Mannschaft nahmen die Chinesen auch nicht krumm. Die »Go, Canada, go!«-Rufe waren aber die einzig hörbaren Schlachtrufe im überteuerten Bier- und Brausezelt.

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