Ring frei für die vierte Runde
Justizsaga um den Raucher Friedhelm Adolfs und seine Wohnungskündigung geht weiter
Der, um den es geht, hat sich aus dem Krankenhaus gemeldet: Raucher Friedhelm Adolfs (76) hat die vergangenen Tage mit Verdacht auf Schlaganfall in einer Klinik verbracht. Das Düsseldorfer Landgericht will sich am Donnerstag dennoch mit seinem Fall beschäftigen. »Uns liegt kein Antrag vor, den Termin zu verlegen«, sagt Gerichtssprecherin Elisabeth Stöve. Adolfs müsse nicht erscheinen.
Der Appell des Bundesgerichtshofs an die Streitparteien, sich zu einigen, ist fruchtlos verhallt. Ring frei also für die vierte Runde - ob mit oder ohne Hauptperson. Das Landgericht hat die Neuauflage des bundesweit beachteten Prozesses anberaumt. Der laut seinem Anwalt »bekannteste Raucher nach Helmut Schmidt« soll nach mehr als 40 Jahren seine Wohnung räumen, weil der Zigarettenrauch in den Hausflur gezogen und die Nachbarn unzumutbar belästigt haben soll.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Urteil des Landgerichts aufgehoben, mit ungewöhnlich harschen Worten Rechtsfehler gerügt und den Fall an das Gericht zurückverwiesen. Dort soll es nun der erfahrene Zivilrichter Rolf Maurer richten und für eine revisionsfeste Entscheidung sorgen. Mit der ist am Donnerstag allerdings noch nicht zu rechnen, wohl aber mit einem dezidierten Standpunkt des Gerichts zur Sache. In der vergangenen Woche hatte sich Adolfs gewohnt optimistisch gezeigt. »Ich sehe da kein Problem«, sagte er mit Blick auf seinen bevorstehenden Gerichtstermin. Da hatte er noch nicht die verdächtigen Symptome.
Nach Aufhebung des Urteils durch den BGH scheint sich die rechtliche Situation für Adolfs tatsächlich deutlich verbessert zu haben. Wie will man ihm nach Jahren nachweisen, dass er seine Nachbarn in unzumutbarem Ausmaß mit Qualm belästigt hat?
Zwischen den Parteien herrscht derweil eisiges Schweigen, auch wenn Adolfs’ Anwalt mit Hinweis auf den Gesundheitszustand seines Mandanten über die Medien appelliert hat, so nicht weiterzumachen.
»Ich habe die Vermieterin seit Jahren nicht mehr gesehen, die müsste inzwischen 88 Jahre alt sein«, sagt Adolfs und vermutet, dass längst andere die Geschäfte führen. Der Fall hatte ihm Sympathien zahlreicher Raucher eingebracht. Er war zu einer Ikone des Widerstands gegen einen immer schärferen Nichtraucherschutz geworden. Der ehemalige Hausmeister hatte in den Beschwerden über seine Raucherei ohnehin nur einen Vorwand gesehen, um seine Wohnung - wie den Rest des Hauses - in lukrativen Büroraum umzuwandeln.
Dabei sah es für Adolfs lange Zeit schlecht aus: In erster und zweiter Instanz hatte er sang- und klanglos verloren. Amts- und Landgericht bestätigten den Rauswurf. Erst der BGH schlug sich auf die Seite des Rentners. Zeitweise war er von Zwangsräumung bedroht, obwohl es noch kein rechtskräftiges Urteil gibt. Dieses Damoklesschwert hat das Landgericht mittlerweile einkassiert. Seine Siegeszigarre, eine dicke Havanna, die habe er sich natürlich aufbewahrt, hatte Adolfs vergangene Woche gesagt. Für den Fall der Fälle. Und glaubt man den jüngsten Medienberichten, ist ihm die Lust am Rauchen trotz Klinikaufenthalts und des eindringlichen Rats der Ärzte nicht vergangen. dpa
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