Die »technische Institution« will nicht verhandeln
Erneut ist von Spannungen zwischen dem Internationalen Währungsfonds und anderen Gläubigern Griechenlands die Rede
Abermals hat am Wochenende ein Bericht über Konflikte in den Reihen der Gläubiger für Schlagzeilen gesorgt - und für ein Dementi. Wie die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« meldet, »torpediert der Internationale Währungsfonds einen Kompromiss, der in den vergangenen Tagen vorbereitet worden war«. Von »fundamentalen Spannungen« zwischen EU-Kommission und IWF ist die Rede.
In den Gesprächen über die Auflagen, die Athen erfüllen muss, damit nach Monaten wieder Geld aus dem Kreditprogramm fließt, sollte der griechischen Regierung ermöglicht werden, Kürzungen bei Rentnern mit kleinen Altersbezügen aufzuschieben, wenn im Gegenzug die Militärausgaben vermindert werden, hieß es unter Berufung auf EU-Unterhändler. Es soll um einen Betrag von 400 Millionen Euro gehen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe diese »Umschichtung« Griechenlands Premier Alexis Tsipras offeriert.
Der IWF ziehe dabei aber nicht mit, da man »keine Tauschgeschäfte dieser Art« akzeptiere, wie die Zeitung nun schreibt. Bereits am vergangenen Donnerstag hatte die Abreise von Vertretern des IWF aus Brüssel für Aufsehen gesorgt.
Die Spannungen zwischen IWF und EU-Kommission betreffen auch nicht nur das genannte Detail der Verhandlungen mit Athen, sondern gehen darüber hinaus. So soll IWF-Chefin Christine Lagarde zuerst einem Kompromiss mit EU-Kommission und EZB zugestimmt haben, der die Ziele für den Primärüberschuss Griechenlands deutlich reduziert - dies war eine Forderung aus Athen. Die Vereinbarung wurde bei einem Mini-Gipfel vor knapp zwei Wochen in Berlin getroffen. Lagarde nahm ihr Ja »aber in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Merkel am folgenden Tag wieder zurück«, so die »FAS«.
Hintergrund könnten Sorgen um das Ansehen des IWF als härtester Gläubiger sein - da passen politisch gefundene Kompromiss nicht gut dazu. Einen endgültigen Zahlungsausfall ihm gegenüber gab es bisher nur durch wenige Länder wie Somalia, in denen praktisch keine staatliche Ordnung mehr herrscht. Der IWF hat sich bei seinen Schuldnern zudem einen Vorrang einräumen lassen - erst IWF, dann andere Gläubiger. Und nicht zuletzt geht es um das Selbstverständnis des IWF. Die Vertreter bei den Verhandlungen mit Griechenland sehen sich ausdrücklich als »technische Institution« und haben sich mehrfach von der »politischen Ebene« abgegrenzt, auf der die Gespräche inzwischen vor allem geführt werden. »Wir sollen verhandeln, aber wir haben kein Mandat dafür«, so ein IWF-Vertreter.
Eine Äußerung von IWF-Sprecher Jerry Rice und der Abzug der Vertreter aus Brüssel vorige Woche war von der Regierung in Athen als Druckmittel auf EU-Kommission, EZB und Griechenland interpretiert worden. »Möglicherweise glaubt der IWF, dass es die beste Lösung sein könnte, das bisher von ihm ausgegebene Geld einzufordern und aus dem Griechenlandprogramm auszusteigen«, heißt es in Athener Regierungskreisen. »Er übt also Druck in alle Richtungen aus - und besonders auf Berlin - mit dem Ziel unnachgiebige politische Maßnahmen in Griechenland durchzusetzen, um sein Geld zu sichern.«
Aber auch der IWF ist kein Monolith, wie schon die möglichen Gründe für Lagardes Rückzieher beim Kompromiss über den Primärüberschuss andeuten. Unlängst hatte der »Telegraph« berichtet, innerhalb des IWF seien große Zweifel am bisherigen Kurs gegenüber Athen laut geworden. »Die gesamte Strategie der Gläubiger ist falsch und je länger das so weitergeht, desto mehr wird das kosten«, wurde der frühere Chef des Rettungsprogramms für Irland, Ashoka Mody, zitiert. Und nicht immer widerspricht das, was aus dem IWF kommt, den Zielen der SYRIZA-geführten Regierung. Anfang Mai wies der IWF zwar Berichte zurück, wonach er Athens Gläubiger zu einem Schuldenschnitt habe drängen wollen. Zugleich teilte der Fonds jedoch mit, Griechenland werde einen solchen Schnitt wohl brauchen - das sieht auch SYRIZA so, pocht deshalb auf eine Umschuldung als Mindestlösung und hat das Ziel einer Schuldenerleichterung nicht aufgegeben
Man habe »keinen groß angelegten Schuldenerlass gefordert«, hieß es beim IWF. Eine mögliche Forderung nach einem »kleinen« Schuldenerlass wurde aber nicht dementiert.
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