Wer übernimmt die städtischen Schulden?
Kabinett stößt Diskussion über Kommunalreform an / Altersgrenze für hauptamtliche Bürgermeister aufgehoben
Mit der Verabschiedung des Entwurfes hat die Landesregierung die Diskussion um die Reform der kommunalen Verwaltungen formell angeschoben. Laut Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sollen die neuen Strukturen mindestens 175 000 Einwohner haben und nicht größer als 5000 Quadratkilometer werden. Bleibt das Problem, wohin mit den Schulden der einstigen kreisfreien Städte Frankfurt (Oder), Cottbus und Brandenburg/Havel. Die angehäuften Verbindlichkeiten erreichen insgesamt 600 000 Euro. Als vor einigen Jahren die Debatte um die Kreisneugliederung begann, addierten sich im Fall von Cottbus zum Schuldenstand von 43 Millionen Euro noch einmal Kassenkredite von über 205 Millionen Euro. Brandenburg/Havel meldet 35,5 Millionen Euro Schulden sowie 130 Millionen Euro Kassenkredite und die Landeshauptstadt Potsdam verwies auf 93 Millionen Euro Schulden, wobei ihr Salär aber von keinem Kassenkredit gedrückt werde. Fachleute sind sich einig: Müssten die neuen Umlandkreise mit den Städten deren Schulden übernehmen, wären sie sofort paralysiert.
In diesem Zusammenhang werde über eine Teilentschuldung nachzudenken sein, sagte SPD-Fraktionschef Klaus Ness. Andernfalls sehe er »kaum Bereitschaft«, die großen Städte anzunehmen. Den Städte-Schulden von mehr als einer halben Milliarde Euro stehen 73 Millionen Euro gegenüber, mit denen Brandenburgs Landkreise verschuldet sind. Daneben schwebt dem Innenministerium vor, dass jeder heutige Landkreis und jede heute kreisfreie Stadt als Anschubfinanzierung fünf Millionen Euro vom Land erhält. Nur Potsdam bliebe außen vor.
Parallel zur Finanzfrage muss das Land darauf reagieren, dass angesichts der demografischen Entwicklung auch die Suche nach geeigneten Bewerbern für die Bürgermeister-Posten schwierig wird. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD und LINKE darauf verständigt, die gültigen Altersbegrenzungen dieser Situation anzupassen. Das Kabinett beschloss am Dienstag auch, dass in Brandenburg künftig schon 18-Jährige Bürgermeister oder Landräte werden können und diese Ämter zudem auch über das 70. Lebensjahr hinaus ausgeübt werden können. Derzeit müssen Kandidaten zum hauptamtlichen Bürgermeister oder Landrat mindestens 25 Jahre als sein, als Höchstalter für die dann folgende achtjährige Amtszeit gelten bislang 62 Jahre. Mit Blick auf die Reife der 18- bis 24-Jährigen, die höhere Lebenserwartung und das angehobene allgemeine Renteneintrittsalter seien diese Altersgrenzen nicht mehr zeitgemäß, sagte der Innenminister zur Begründung.
Als Brandenburg Mitte der 1990er Jahre seinen heutigen Zuschnitt mit 14 Landkreisen und vier kreisfreien Städten erhielt, »war noch nicht absehbar, welche Entwicklung bei Einwohnerzahl und Wirtschaft bevorstehen«, heißt es in einer Erklärung der Linksfraktion. Inzwischen müsse man konstatieren, dass zwischen Bevölkerungszahl und Verwaltungsaufwand ein wachsender Widerspruch entstanden sei.
Der Leitbildentwurf sei »ein Angebot zur Diskussion«, betonte Minister Schröter. Im zweiten Halbjahr 2015 sollen dazu landesweit Konferenzen veranstaltet werden. Zusätzlich sind Möglichkeiten zur Bürgerbeteiligung im Internet geplant. Mitte kommenden Jahres soll dann der Landtag über das Leitbild entscheiden. Erst dann wird auf dieser Basis das Gesetzgebungsverfahren starten. Die Reform könnte im Jahr 2019 greifen.
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