Bloß noch nicht das letzte Spiel
Im Achtelfinale der WM treffen die deutschen Fußballerinnen am Samstag auf alte Bekannte aus Schweden
Ab jetzt kann jedes Spiel das letzte sein, für manche sogar das allerletzte: Mit dem Klassiker im WM-Achtelfinale gegen Schweden starten die deutschen Fußballerinnen in die heiße Alles-oder-Nichts-Phase der Titelmission in Kanada. »Wir müssen von der ersten Minute an präsent sein. Schweden wird uns keine Fehler verzeihen«, warnte Nadine Angerer vor dem ersten K.o.-Spiel an diesem Samstag in Ottawa.
Nach dem souveränen Gruppensieg steht der Doppelweltmeister vor einem harten Brocken. Der WM-Dritte von 2011 und Fünfte der Weltrangliste konnte mit drei Unentschieden in der schwersten Vorrundengruppe D noch nicht überzeugen und zitterte sich als einer der vier besten Gruppendritten weiter. »Jetzt fängt alles bei Null an. Sie sind eine sehr gute Mannschaft, ich erwarte ein 50:50-Spiel«, warnte Angerer.
Für die 36-jährige Torhüterin beginnt wie für Bundestrainerin Silvia Neid nun eine spezielle Situation. Angerer hatte jüngst eröffnet, dass sie nach dem Turnier aus dem Nationalteam zurücktreten wird. Jedes Spiel könnte ihr letztes sein. Doch das blendet sie aus. »Ich denke da überhaupt nicht dran - wenn ich nicht ständig von der Presse darauf angesprochen werden würde. Ich bin total auf das Turnier fokussiert«, sagte Angerer.
Neid hatte im März ihren Rückzug für 2016 angekündigt und kurz vor Turnierbeginn angedeutet, dass im Fall eines frühen Scheiterns in Kanada die Staffelübergabe an ihre Nachfolgerin Steffi Jones sogar schneller über die Bühne gehen könnte. Großes Ziel neben dem dritten Stern ist die Qualifikation für Olympia 2016 - für Rio muss Deutschland unter die besten drei europäischen Teams kommen. »Ab jetzt heißt es, auf den Punkt alles abzurufen, Leidenschaft zu zeigen und alles zu geben«, forderte die 51-Jährige.
Die geklärte Zukunft scheint Neid zu beflügeln. »Ich genieße jeden Tag, auch weil es die letzte WM ist«, betonte die 51-Jährige seit Turnierbeginn immer wieder. Vier Jahre nach dem Viertelfinal-K.o. bei der Heim-WM hat sie neuerdings oft ein Lächeln auf den Lippen oder scherzt sogar während des Trainings mit früher oft gemiedenen Medienvertretern.
Mit besonderer Motivation gehen auch die offensivstarken Schwedinnen ins Spiel gegen ihre Angstgegner. Bislang stehen aus 24 Duellen 17 deutsche Siege und sieben Niederlagen zu Buche. Trafen beide bei großen Turnieren in der K.o.-Runde aufeinander, gewann jedes Mal die deutsche Auswahl.
Wie beim ersten deutschen WM-Triumph 2003, als Nia Künzer im Endspiel per Golden Goal für die Entscheidung sorgte. Vor zwei Jahren brachte Deutschland den Schweden mit dem 1:0 im Halbfinale der Heim-EM eine schmerzhafte Niederlage bei. »Die haben mit uns noch eine Rechnung offen und kommen mit viel Wut im Bauch«, vermutete Angerer.
Die Skandinavierinnen versuchten sich in psychologischer Kriegsführung. »Deutschland hat starke Spielerinnen, aber ihr Schwachpunkt ist die etwas langsame Defensive. Auch sie haben schlechte Tage«, sagte Caroline Seger. SID/nd
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