Asyl nach Abwägung
Gesetz soll Entscheidungen beschleunigen
Die Große Koalition verständigte sich zu Beginn ihrer Zusammenarbeit unter anderem auf Änderungen im Zuwanderungs- und Asylrecht. Die SPD durfte das Staatsangehörigkeitsrecht ein klein wenig lockern, mehr Menschen mit zwei Pässen werden geduldet. Der Union wurde zugestanden, »unkontrollierte Zuwanderung« zu erschweren. Nachdem von der inzwischen beschlossenen Reform des Staatsangehörigkeitsrechts keiner mehr spricht, ist die Verschärfung des Asylrechts in vollem Gange. Von den aktuellen Flüchtlingszahlen motiviert, soll es jetzt schnell gehen - mit dem Gesetzgebungsverfahren und mit den als notwendig erachteten Abschiebungen.
Schon in der nächsten Woche sollen die Asylrechtsänderungen Thema des Bundesrates sein. Den Verschärfungen im Asylverfahrensrecht werden einige Erleichterungen im Bleiberecht für langjährig Geduldete gegenübergestellt. Doch beides dient dem Abbau der Antragsflut, die zum Unwillen der Unionsparteien zu einer wachsenden Zahl von »unklaren Fällen« führen dürfte.
Es geht um schnellere Entscheidungen über zahlreiche Geduldete, die häufig über Jahre ohne Perspektive auf Integration blieben. Häufig konnten die Betroffenen nicht abgeschoben werden; Grund waren eine unklare Herkunft oder humanitäre Hindernisse. Künftig sollen Behörden zwischen dem Bleibeinteresse des Betroffenen und dem Ausweisungsinteresse des Staates abwägen. So überwiegt ein Bleibeinteresse bei besonders guter Integration, ein Ausweisungsinteresse bei Straftaten. Ebenso der Auslegung überlassen bleibt eine neue Definition von Fluchtgefahr, die als Grund für Abschiebehaft herangezogen wird. Demnach besteht Fluchtgefahr beispielsweise, wenn ein Flüchtling, der illegal eingereist ist, über seine Identität täuscht oder hohe Beträge für Schleuser aufgewandt hat.
Das Gesetz führt neben der Abschiebehaft ein neues Instrument ein: Vier Tage sollen Flüchtlinge zum Zwecke der Abschiebung in Einrichtungen an Flughäfen festgehalten werden dürfen. uka
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