Naturschützer sehen Hürde für Staustufe

Europäisches Urteil könnte Bau an der Elbe bremsen

  • Hendrik Lasch, Děčín
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Elbe bei Děčín ist ein Dorado für Fische: Etwa 40 Arten sind in dem Fluss heimisch. Wenige Kilometer stromaufwärts ist es vorbei mit der Vielfalt: Es gibt nur noch acht Arten. Der Grund ist eine Staustufe in Ústí nad Labem, oberhalb derer die Elbe nahezu ein stehendes Gewässer ist. Es folgen bis zum Riesengebirge 23 weitere Sperrwerke, mit denen die Schiffbarkeit erhalten werden soll. Eine weitere Staustufe ist bei Děčín geplant. Naturschützer in Tschechien wie in Sachsen bekämpfen die Pläne energisch. »Die Angler«, sagt Jana Vitnerova von der tschechischen Umweltorganisation Arnika, »haben wir auf unserer Seite.«

Deren Einfluss auf Verkehrsplanungen indes ist begrenzt, anders als der des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat Anfang Juni ein Urteil gefällt, dass Flussschützer mit Blick auf die Staustufe an der Elbe als Wasser auf ihre Mühlen ansehen. »Sie ist spätestens jetzt nicht mehr genehmigungsfähig«, sagt Franziska Heß, Fachanwältin und Landesvize des BUND in Sachsen. Das Gericht hatte in einem Urteil zur Vertiefung der Weser festgestellt, dass es bei Baumaßnahmen in Flüssen ein »Verschlechterungsverbot« mit Blick auf den chemischen und ökologischen Zustand gebe. Ausnahmen seien nur in wenigen Fällen erlaubt, »und die liegen hier nicht vor«, sagte Heß am Donnerstag in Děčín.

Die tschechische Regierung indes treibt die Pläne voran - nicht zuletzt auf Druck der Wirtschaft. »Wir wollen eine nachhaltige Nutzung der Elbe«, sagt Jiři Aster, der Vizepräsident der Kammerunion Elbe/Oder. Für den Zugang zu Häfen an Nord- und Ostsee reiche der Ausbau von Bahntrassen nicht aus, sagt er: Manche Erzeugnisse regionaler Unternehmen ließen sich nicht auf Waggons verladen. Aster pocht auf eine Absichtserklärung, die 2006 von Deutschland und Tschechien signiert wurde und die eine ganzjährige Tiefe der Elbe von 1,60 Meter vorsieht.

Das politische Ziel ist indes nicht zu halten, wenn Wetter und Klima nicht mitspielen. »Es fehlt an Niederschlag an der Elbe«, sagt der Verkehrspolitiker Stefan Kühn, der für die Grünen im Bundestag sitzt - und damit an Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Gütertransport auf der Elbe. Der BUND verweist auf Statistiken, wonach sich die Jahre mit extremem Niedrigwasser seit 1990 stark häuften. Das Berliner Verkehrsministerium teilte auf Anfrage von André Hahn, Abgeordneter der LINKEN aus der Sächsischen Schweiz, vor kurzem mit, dass eine Tiefe der Fahrrinne von 1,60 Meter auf der Oberelbe zuletzt im Schnitt an 273 Tagen im Jahr erreicht worden sei, eine Tiefe von 2,30 Metern nur an 139 Tagen. Der Bau der Staustufe, fügte das Ministerium hinzu, ändere das nicht. Es handelt sich laut Hahn daher um ein »sinnloses Projekt«.

Diese Position galt eigentlich in Sachsen als Konsens: Auch die Landesregierung hatte sich mit Hinweis auf ökologische Folgen stets gegen den Bau der Staustufe ausgesprochen. Bei einem kürzlichen Besuch des tschechischen Premiers Bohuslav Sobotka in Dresden waren Äußerungen von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) aber so verstanden worden, als rücke er von der Position ab. Koalitionspartner SPD widersprach energisch. Vize-Regierungschef Martin Dulig, der das Verkehrsressort leitet, pochte auf den Koalitionsvertrag. Dort heißt es, ein Ausbau der Elbe werde »ebenso abgelehnt wie eine Vertiefung und der Bau neuer Staustufen«. Bei einer Umsetzung des tschechischen Vorhabens, dessen Planung bereits 32 Millionen Euro gekostet hat, fürchtet der Freistaat Auswirkungen auf Sachsen. Den Fischen ist die Landesgrenze schließlich gleichgültig.

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