Ein Gruß an die Jungfrau

Wasser und Kunst prägen das dänische Helsingør.

Wir haben einfach Glück«, meint Museumsführer Morten Tinning. »Eigentlich kommen die Besucher nicht wegen uns nach Helsingør.« Hamlet wollen sie sehen, besser gesagt, das Schloss, in dem William Shakespeare ihn leben und sterben ließ. Doch auf dem Weg nach Schloss Kronborg stolpern die Besucher fast den Eingang zum »versunkenen« Maritimen Museum hinunter. Das Museum, das in einer faszinierenden interaktiven Ausstellung die Geschichte der Seefahrt erzählt, feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Es musste nicht immer ein Dasein im Keller fristen. Doch die UNESCO ist streng, wenn sie Titel verleiht. Um die Sicht auf das Schloss Kronborg - das seit dem Jahr 2000 Weltkulturerbe ist - zu erhalten, musste die Schau umziehen. Die UNESCO schrieb eine Höhe von maximal einem Meter vor. Die skurrile Forderung wurde mit dem unterirdischen Neubau »übererfüllt«. Der ist noch keine zwei Jahre alt und hat bereits zahlreiche Architekturpreise erhalten. In diesem Jahr ist er nominiert für den Wettbewerb »Europäisches Museum des Jahres«. Im vergangenen Jahr schaffte es Helsingør dank des Seefahrtsmuseums in die »New York Times« auf eine 52-Orte-Liste, deren Besuch empfohlen wird.

Architekt Bjarke Ingels sagte zu seinem Museumsbau, obwohl unterirdisch gelegen, sei es ihm und seinem Team gelungen, das »höchste« Gebäude zu errichten, das sie jemals für Dänemark erdacht haben. Der Boden liegt zehn Meter unter der Erde. Die Bohrpfähle zur Sicherung des Baus ragen weitere 30 Meter in die Tiefe.

Infos

Nordseeland:
www.visitnordsjaelland.com

Maritimes Museum in Helsingør:
www.mfs.dk

Anreise:
Mit Scandlines von Puttgarden auf Fehmarn nach Rødby, danach etwa zwei Stunden mit dem Auto; mit Flugzeug oder Zug nach Kopenhagen, von dort weiter nach Helsingør

Nun ist das Schloss schuld, dass das Museum abtauchen musste. Dennoch sind Schloss und Seefahrtsmuseum nicht nur durch die Nachbarschaft eng miteinander verbunden. Die Legende besagt, dass die drei schlanken Türme des Schlosses ein erster oder letzter Gruß für dänische Seefahrer waren, die nach Hause kamen oder in See stachen.

Helsingør liegt an der Nordwestspitze der dänischen Insel Seeland. Karin Mansson führt Touristen durch die 1000-jährige Schönheit. Die am Reißbrett geplante Stadt hat eine Eigenheit: Es gibt nur gerade Straßen. Hinter den gepflegten Häusern verbergen sich kleine Naturparadiese. Dank Karins Fürsprache gestatten uns einige Bewohner einen Blick in die Innenhöfe. In einer der malerischen Gassen gibt es mit »Brostraede Flødeis« den berühmtesten Eisladen der Stadt. Die Königsfamilie probierte hier schon die Köstlichkeit, Gary Grant gehörte zu den Kunden, Prinz Charles war auch schon hier, erzählt die Besitzerin stolz. »Wir stellen nicht nur das Eis selbst her, auch die Tüten.« Es gibt nur fünf Sorten: Vanille, Nougat, Schoko, Erdbeer und Pistazie. »Das geht schneller, der Gästeansturm lässt sich so besser bewältigen.«

Kopenhagen ist etwa eine halbe Autostunde von Helsingør entfernt. Nicht viel für zwei, die eigentlich zusammengehören. Doch diese beiden können zueinander nicht finden. Die Kleine Meerjungfrau gehört seit einer gefühlten Ewigkeit zur dänischen Hauptstadt. Und »hem« (er) - der kleine Meerjungmann - sitzt erst seit drei Jahren am Ufer in Helsingør. Der Prinz aus Edelstahl - er funkelt wie ein Diamant - blickt scheinbar gedankenverloren aufs Meer. Doch einmal in jeder Stunde blinzelt er der 38 Kilometer entfernten Meerjungfrau in Kopenhagen zu. Ein spezielles hydraulisches System in »Hems« Innern macht es möglich.

Die Stadt und ihre Umgebung haben weit mehr zu bieten als Hamlet und Schifffahrtsmuseum. Zum Beispiel eine Fahrradtour entlang der Küste. Mit skurrilen Wahlsprüchen und Forderungen wie »Größere Weihnachtsgeschenke für Rentner« zog vor einigen Jahren Jacob Haugaard ins Kopenhagener Parlament ein. Haugaard - ein bekannter Kabarettist - brachte dann gar einen Gesetzentwurf ein, in dem er »Rückenwind für Fahrradfahrer« verlangte. Dem nimmermüden Parlamentarier gelang es mit seiner Stimme, so manches Gesetz zu kippen oder durchzubringen. Doch mit dem Rückenwind hat es leider nicht geklappt.

Beim Start in Gilleleje, dem nördlichsten Ort Seelands mit dem größten Fischereihafen der Insel weht eine frische Brise von vorn und eine von der Seite. Doch die Mühen des Tretens lohnen sich. Und der Weg ist nie weit. Entlang der Strecke gibt es viele Gründe zum Pausieren und Schauen oder einfach nur schön Essen. In Dronningmølle steht nur wenige Meter vom Ostseestrand entfernt das 100-jährige Kunsthaus »Munkeruphus«. Es wurde nach dem Tod des früheren Besitzers von 400 Kunstenthusiasten vor dem Abriss gerettet. Der Staat übernahm das Haus, das nun mit wechselnden Ausstellungen die Besucher einlädt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -