CDU entdeckt den Infraschall

In der Opposition hat Thüringens Union gemerkt, dass sie etwas gegen neue Windräder hat

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.
Sollen mehr Windkraftanlagen in Thüringen entstehen? Die oppositionelle CDU spricht von gesundheitlichen Risiken für die Menschen, sollte es dazu kommen. Die LINKE hält das für Populismus.

Im Streit um den weiteren Ausbau der Windkraft im Freistaat wirft der energiepolitische Sprecher der LINKE-Fraktion im Thüringer Landtag, Steffen Harzer, der Union Panikmache und Populismus vor. Die jüngsten Äußerungen von CDU-Vertretern zu von Windrädern verursachten Gefahren für die Gesundheit von Menschen seien eine bewusste Täuschung, sagt Harzer.

»Die CDU täuscht bewusst die Öffentlichkeit - auch über Positionen, die sie in der Vergangenheit einmal selbst vertreten hat«, erklärte der Linkspolitiker. Die Thüringer sollten gegen Rot-Rot-Grün »aufgehetzt« werden. Unter CDU-geführten Landesregierungen seien 742 Windkraftanlagen im Land in Betrieb genommen worden. Damals habe die CDU keinerlei Bedenken wegen deren Gesundheitsverträglichkeit gehabt.

Unions-Politiker, darunter der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag, Mike Mohring, hatten zuletzt ein Windkraft-Moratorium für Thüringen gefordert, mit dem der weitere Ausbau von Windrädern gestoppt werden soll. Ein wichtiges Argument für diese Forderung ist, dass die Auswirkungen des sogenannten Infraschalls auf die menschliche Gesundheit unklar seien. Wenn im Vorzeige-Windenergie-Land Schleswig-Holstein ein Windkraft-Moratorium verhängt worden sei, könne man in Thüringen nicht so tun, als gebe es auf diesem Gebiet keine Entwicklungen, hatte Mohring gesagt.

In Schleswig-Holstein ist der Ausbau der Windenergie nach Angaben der dortigen SPD-geführten Landesregierung ausgesetzt worden, weil das Oberverwaltungsgericht Schleswig verschiedene Regionalpläne - die Grundlage für die Aufstellung von Windrädern sind - im Januar des Jahres aufgrund von Rechtsfehlern für unwirksam erklärt hatte.

Harzer sagt, die Argumentation der Union, es gebe keine wissenschaftlichen Studien zu Infraschall, sei »schlicht falsch«. Im schwarz-grün regierten Hessen beispielsweise habe das dortige Energieministerium erst vor Kurzem ein Papier vorgelegt, in dem festgehalten sei, dass von Windrädern ausgehender Infraschall keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit haben, wenn die Anlagen mindestens in den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabständen von Siedlungen aufgestellt würden. Zu einem ähnlichen Schluss komme auch ein Dokument aus der Landesverwaltung des CSU-regierten Bayern. »Nur die Thüringer CDU will so etwas nicht zur Kenntnis nehmen.« In dem hessischen Papier heißt es aber auch: »Gerade im Sinne des vorbeugenden Gesundheitsschutzes sollte noch mehr bei den Themen Infraschall und tieffrequente Geräusche geforscht werden.«

Unabhängig von allen gesundheitlichen Fragen gebe es aber schon aus formal-rechtlichen Gründen keine Basis für ein Windkraft-Moratorium in Thüringen, sagt Harzer. Ein solche Moratorium könne nur wirksame Raumordnungspläne außer Kraft setzen - die aber gebe es im Freistaat derzeit gar nicht.

Nach Angaben der Linksfraktion sollen die zuständigen rot-rot-grünen Koalitionsarbeitskreise den Entwurf eines Windkrafterlasses der Landesregierung während der Sommerpause überarbeiten. Nach der Sommerpause solle die Landesregierung ihn dann in Kraft setzen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.