London will Stabilitätsmechanismus nicht zurück
Premier Cameron will britisches Referendum über die EU nicht mit Griechenland belasten
Die Europäische Union ist zurzeit grundsätzlich ein schwieriges Thema in Großbritannien. Bis Ende 2017 sollen die Briten entscheiden, ob ihr Land weiterhin Mitglied des Staatenverbundes bleiben soll oder nicht. Der Ausgang ist unklar. Die Schuldenkrise in Griechenland dürfte einem beherzten Ja zur EU nicht unbedingt zuträglich sein. Es stellt den britischen Premierminister David Cameron, der in seiner Partei als EU-Befürworter gilt, vor die Herausforderung, sich und sein Land klar als unabhängig zu positionieren und gleichzeitig klug bei Verhandlungen mit den anderen 27 Mitgliedsstaaten zu agieren.
Bei der Frage nach der Finanzierung des Hilfsprogramms für Griechenland hat die Regierung in London jetzt klar Stellung bezogen: Großbritannien, das nicht Mitglied der Eurozone ist, lehnt eine Beteiligung an der Finanzierung des Hilfsprogramms für Griechenland entschieden ab. Das soll Schatzkanzler George Osborne nach britischen Medienberichten deutlich gemacht haben. Man habe den Kollegen »klar und deutlich« die Botschaft gegeben, »dass es nicht hinnehmbar wäre, in dieser Angelegenheit eine britische Unterstützung wieder aufzugreifen«. So lautete die Botschaft aus dem Finanzministerium in London. Downing Street bestätigte außerdem einen Bericht, nach dem die konservative Regierung erste Vorbereitungen für einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone getroffen habe.
Hintergrund für die Vehemenz der Botschaft aus London ist eine Vereinbarung aus dem Jahr 2010, in der Cameron zugesagt wurde, dass der damalige Europäische Stabilitätsmechanismus (EFSM) aller EU-Staaten keine Hilfsprogramme für Euroländer mehr gewähren werde. Nur die 19 Staaten, die auch Mitglied der Eurozone sind, sollen solche Hilfsprogramme unterstützen. Durch den ESM konnten Hilfskredite an jedes in Schwierigkeiten geratene Euroland vergeben werden. Mitgliedsstaaten konnten bei der Europäischen Kommission Kredite beantragen. Deren Präsident, der Luxemburger Jean-Claude Juncker, soll Medienberichten zufolge vorgeschlagen haben, den stillgelegten EFSM wiederzubeleben. Dessen Prinzip ist: Geld wird an den internationalen Finanzmärkten geliehen, als Sicherheit dient das EU-Budget. Großbritannien fürchtet nun, dass damit auch britische Beiträge an den EU-Haushalt verloren gehen könnten. Cameron pocht auf die Zusage, den EFSM nicht wiederzubeleben. Sie wurde vom Kabinett damals als großen Erfolg gefeiert. Ein neuer EFSM würde Cameron schaden.
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