Wenn der Gaul zusammenbricht

Wegen der Hitze sorgen sich Berliner Behörden um das Wohl der Kutschpferde

  • Antonia Lange
  • Lesedauer: 2 Min.
Touristen drehen gerne eine Runde mit den Pferdekutschen rund um das Brandenburger Tor. Manche Betreiber lassen die Tiere im Sommer jedoch zu lange in der Hitze ackern. Behörden schlagen nun Alarm.

Berliner Behörden sehen die vor allem bei Touristen beliebten Pferdekutschen rund um das Brandenburger Tor zunehmend skeptisch. »Die Zahl der eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren nach dem Tierschutzgesetz weist eindeutig darauf hin, dass die Situation der Kutschpferde als nicht befriedigend anzusehen ist«, erklärte der für den Bezirk Mitte zuständige Bezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU).

Nach dem Zusammenbruch eines Tieres und einem Unfall mit durchgegangenen Pferden hatte der Senat 2009 Leitlinien für die Betreiber erlassen. Rund um das Brandenburger Tor sind demnach etwa zehn Kutschen unterwegs, in denen vor allem Touristen zu einer gemächlichen Rundtour Platz nehmen. Die Zahl der Verstöße gegen die Leitlinien hat dem CDU-Politiker zufolge seit Inkrafttreten aber nicht abgenommen.

Kutscher müssen bei Hitze spätestens alle zwei Stunden eine Pause von mindestens 30 Minuten machen und auch ein Thermometer bei sich tragen. Dagegen sei erst Anfang Juli wieder verstoßen worden, hieß es. Tierschützer und Opposition hatten in Berlin immer wieder ein Verbot von Pferdekutschen gefordert. Angesichts »der anhaltenden Ignoranz gegenüber dem Tierschutzgesetz und der mangelhaften Kooperation mit der überwachenden Behörde erscheint aus meiner Sicht die Nähe zu einem Verbot allerdings in kürzere Reichweite gekommen zu sein«, erklärte Spallek.

Der Tierschutzbeauftragte des Landes, Horst Spielmann, hatte zuvor von mehrfachen Beschwerden von Touristen und Tierschützern berichtet, nach denen die Pferde in einem bedenklichen Zustand seien. Kontrollierten Kutschern seien zudem die besonderen Pausenregelungen bei hohen Temperaturen gar nicht bekannt gewesen.

Ginge es nach der Tierschutzorganisation Peta, gäbe es in Berlin überhaupt keine Pferdekutschen mehr: »Das ist Tierquälerei und sollte verboten werden«, sagte Fachreferent Peter Höffken. Dass sich in der Bundeshauptstadt die Verstöße seit einigen Jahren häufen, glaubt er indes nicht. »Die Leute schauen inzwischen einfach genauer hin«, sagt der Tierschützer. »Den Kutschpferden geht es in Berlin nicht besser oder schlechter als in anderen Städten auch.«

Nach Angaben von Bezirksstadtrat Spallek deckten Kontrolleure im vergangenen Jahr bei den Kutschern sieben Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und die Berliner Leitlinien auf. 2013 waren es sechs. Spallek: »Es ist davon auszugehen, dass eine höhere Kontrollfrequenz die Zahl der Verstöße weiter ansteigen ließe.« In den Jahren davor erwischten die Prüfer lediglich einen oder zwei Kutscher.

Ernsthafte Konsequenzen zeigt das Erwischtwerden aber: Betreiber, die permanent gegen das Tierschutzgesetz und die Leitlinien verstoßen, sollen keine Erlaubnis mehr für den Kutschenbetrieb erhalten. Nach Angaben des Bezirksamts Mitte wird im Fall eines Betriebs derzeit »ernsthaft geprüft«, die Erlaubnis nicht mehr zu verlängern. dpa/nd

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