ALFA: Kaum gegründet, schon verklagt

Probezeit und »Schwarze Liste«: ALFA-Chef Lucke sucht Abgrenzung zur AfD / Bayerischer AfD-Vorstand verlässt die Partei / ALFA plant für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz

  • Lesedauer: 4 Min.
Nach der Gründung seiner neuen Partei will Lucke einen Rechtsruck mittels »Schwarzer Listen« und Probezeit ausschließen. In der AfD hätten »antiwestliche, prorussische Kräfte das Sagen übernommen«.

Update 16.00 Uhr: Auch Alfa Romeo prüft rechtliche Schritte
Alfa Romeo Deutschland, Tochter des italienischen Autobauers Fiat, prüft, ob das Unternehmen rechtlich gegen den Namen der neuen Partei des ehemaligen AfD-Vorsitzenden Bernd Lucke vorgeht. Man habe die Konzernzentrale in Turin über die Namensgleichheit der deutschen Parteineugründung Alfa informiert, teilte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage des »Kölner Stadt-Anzeiger« (Dienstag-Ausgabe) mit. Alfa Romeo Deutschland habe die Turiner Zentrale gebeten zu prüfen, ob und wie gegebenenfalls gegen die Namensgebung vorgegangen werden soll.

Unterdessen plant die neu gegründete Partei ALFA, bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz anzutreten - und damit der AfD Konkurrenz zu machen. Auf die Frage, ob die neue »Allianz für Fortschritt und Aufbruch« am 13. März 2016 ihren Hut in den Ring wirft, antwortete der rheinland-pfälzische Ex-AfD-Vorsitzende Uwe Zimmermann am Montag: »So wie ich uns kenne: ja!«

Update 15.00 Uhr: Bayerischer AfD-Vorstand verlässt die Partei
Die Austrittswelle in der AfD rollt weiter. Der Bayern-Vorstand der Alternative für Deutschland tritt fast geschlossen aus der Partei aus. »Seit dem Essener Parteitag ist die AfD eine neue Partei. Sie ist eine nationalkonservative, sie ist eine rechtspopulistische Partei«, sagte der bisherige Landesvorsitzende André Wächter am Montag in München. Sechs von sieben Vorstandsmitgliedern legten demnach ihre Ämter nieder. Sie wollen bis zum Ende des Monats aus der Alternative für Deutschland austreten und sich voraussichtlich der von AfD-Gründer Bernd Lucke neu gegründeten »Allianz für Fortschritt und Aufbruch« (ALFA) anschließen.

Update 14.27 Uhr: Kaum gegründet, schon verklagt
Der neuen Partei von Bernd Lucke droht Ärger wegen ihres Namens ALFA. Die Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) will rechtliche Schritte wegen der gleichen Abkürzung prüfen. »Die Vorgehensweise der Partei ist für uns völlig unverständlich«, sagte die Vereinsvorsitzende Claudia Kaminski »Zeit online«. Bevor man einen Namen wähle, müsse man sich informieren, ob er anderweitig genutzt werde. »Das hat Bernd Lucke offensichtlich nicht getan.«

Der Verein tritt nach eigenen Angaben seit mehr als 35 Jahren für das uneingeschränkte Lebensrecht jedes Menschen ein, plädiert also unter anderem gegen Abtreibung und Forschung an Embryonen. Zudem berät er Schwangere in Notsituationen. Sie wollten nicht mit einer Partei verwechselt werden, sagte Kaminski am Montag. Die Partei »Allianz für Fortschritt und Aufbruch« (ALFA) hatte sich am Sonntag gegründet, Vorsitzender ist der ehemalige AfD-Chef Lucke.

Probezeit und »Schwarze Liste«: ALFA-Chef Lucke sucht Abgrenzung zur AfD

Parteichef Bernd Lucke will seine neu gegründete Gruppierung ALFA (»Allianz für Fortschritt und Aufbruch«) scharf gegen seine frühere Partei AfD abgrenzen. Die ALFA führe »eine Art Schwarze Liste« für »problematische Leute« aus der AfD, die nicht als Mitglied aufgenommen werden sollten, sagte Lucke am Montagmorgen im Deutschlandfunk. Zudem plane die ALFA eine »Probezeit« für neue Mitglieder, die der Partei nicht bekannt seien. Damit will Lucke nach eigenen Angaben die Konsequenzen aus seinen Erfahrungen bei der AfD ziehen.

Seine alte Partei, die AfD, sei »entgleist, sie ist zur Pegida-Partei ausgerufen worden, und antiwestliche, prorussische Kräfte haben das Sagen übernommen«, sagte Lucke. Er habe nichts gegen »ein vernünftiges Nationalbewusstsein«. Er sei aber gegen Islam- und Fremdenfeindlichkeit. Deutschland müsse fest im westlichen Wertesystem verankert bleiben.

Inhaltlich will Lucke an die Wurzeln der Alternative für Deutschland anzuknüpfen. »ALFA ist eine Wiedergeburt der ursprünglichen AfD, so wie sie 2013 gegründet wurde und uns leider durch den inakzeptablen Rechtsruck abhanden gekommen ist«, teilte er nach der Gründung seiner neuen Gruppierung am Sonntag mit.

Lucke und rund 70 frühere AfD-Anhänger hatten die neue Partei am Sonntag in Kassel gegründet. Lucke wurde zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Er war am 10. Juli aus der AfD ausgetreten. Zuvor hatten sich bei einem außerordentlichen Bundesparteitag die nationalkonservativen Kräfte in der AfD klar durchgesetzt. Zur ersten Vorsitzenden wurde die frühere Co-Vorsitzende Frauke Petry aus Sachsen gewählt. Vorangegangen war ein monatelanger Machtkampf zwischen Petry und Lucke, der eher für liberal-konservative Ansichten steht.

Unterdessen schloss der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner eine Zusammenarbeit mit der neuen Lucke-Partei aus. »Für demokratische Parteien können solche Rechtspopulisten und Wirrköpfe niemals Partner sein«, sagte er dem »Handelsblatt«. Der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck warnte in der Zeitung allerdings davor, die neue Partei zu unterschätzen. Die demokratischen Parteien müssten diese »Ressentiment-Partei-Projekte ernst nehmen« und den Kampf für Demokratie, Rechtsstaat und Menschenwürde verstärken. »Sie müssen jeden Tag im Netz, am Stammtisch und auf der Straße verteidigt werden.« nd/Agenturen

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