Akt der Aufklärung
Tom Strohschneider über die viel zu späte Ehrung für die Klarsfelds
Beate und Serge Klarsfeld sind für ihren jahrelangen Einsatz gegen NS-Schergen und für historische Wahrheit mit der höchsten deutschen Auszeichnung geehrt worden. Das ist gut, das ist richtig - und es geschieht viel zu spät.
Darin, dass den beiden erst 70 Jahre nach dem Holocaust die höchste staatliche Anerkennung zuteil wird, schwingt jenes geschichtspolitische Versagen noch mit, gegen das die Klarsfelds stets so engagiert kämpften. Deutsche wollten und wollen sich nicht mit der eigenen Nazi-Geschichte konfrontieren lassen. Man habe »an einer Vergangenheit gerührt, die eine Mehrheit lieber verschwiegen hätte«, hat Beate Klarsfeld einmal gesagt. Und wenn sie, wie mit der Ohrfeige für Kanzler Kiesinger wegen dessen NS-Vergangenheit 1968, durch engagierte Menschen einmal auf eine ungewöhnliche Weise daran erinnert wurde, gefiel sich das Deutschland der Täter selbst als Opfer.
Im Übrigen: Nicht die Klarsfelds sind es, welche noch eine Auszeichnung nötig hätten, die ihr Lebenswerk würdigt - so sehr ihnen eine jede Ehre gebührt. Die entscheidende Frage ist, ob diejenigen, die die Auszeichnung verleihen, das auch wollen und wann sie dies aus welchem Grund tun. Im Fall von Beate und Serge vergingen Jahrzehnte, bis die Bundesrepublik bereit war, ihre Arbeit offiziell zu honorieren. Noch darin, die Verspätung kenntlich zu machen, liegt ein Akt der Aufklärung - den man den beiden zu verdanken hat.
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