Flüchtlingsverteilung: EU-Staaten scheitern erneut
Weiter Lücke von fast 8.000 Aufnahmeplätzen nach Sondertreffen / Migrationskommissar »enttäuscht« / Keine Zusagen von Ungarn und Österreich, auch Bulgarien, Spanien und Portugal weit unter Zielmarken
Berlin. Die europäische Staaten liefern weiterhin ein erbärmliches Bild bei ihrem Umgang mit Menschen, die vor Krieg, Not und Elend fliehen. Wegen Widerstands mehrerer Mitgliedstaaten erreichten die EU-Innenminister am Montag bei einem Sondertreffen erneut nicht die angestrebte Zahl von 40.000 Flüchtlingen, die von Italien und Griechenland auf andere europäische Länder verteilt werden sollen. Laut Luxemburger Ratspräsidentschaft blieb eine Lücke von fast 8.000 Aufnahmeplätzen. Dennoch startet das Flüchtlingsaufnahmeprogramm nun - über Zahlen wird im Herbst erneut verhandelt.
Europas Staats- und Regierungschefs hatten Ende Juni beschlossen, über zwei Jahre insgesamt 60.000 Flüchtlingen auf alle EU-Staaten zu verteilen - allerdings nur auf freiwilliger Basis und nicht über verpflichtende Quoten, wie dies die EU-Kommission vorgeschlagen hatte. Unproblematisch war dabei die Aufnahme von 20.000 Menschen aus Flüchtlingslagern in Konfliktgebieten. Die Zahl wurde mit 22.504 sogar deutlich überschritten - auch weil sich Nicht-EU-Staaten wie Norwegen und die Schweiz beteiligen.
Bei weitem nicht genug Zusagen fanden sich für die Umverteilung von 40.000 Flüchtlingen, die sich bereits in den Mittelmeerländern Italien und Griechenland befinden. Hier gab es nach Angaben der Luxemburger Präsidentschaft nur Plätze für 32.256 Flüchtlinge. Diplomaten zufolge wollten Österreich und Ungarn keinerlei Flüchtlinge in diesem Bereich aufnehmen, Bulgarien, Spanien und Portugal seien »weit« unter den intern vorgesehenen Zielen geblieben. Großbritannien und Dänemark müssen sich aufgrund von Ausnahmeregelungen ohnehin nicht beteiligen.
EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos sagte, er sei »enttäuscht«, dass die Zahl von 40.000 nicht erreicht wurde. Dies zeige, »dass es schwierig ist, ein freiwilliges System umzusetzen«. Die Kommission werde deshalb dieses Jahr einen Vorschlag für ein »festes Notfallsystem« machen, um überlasteten EU-Staaten in Zukunft zu helfen. Luxemburgs Minister Jean Asselborn sagte, Zahlen könnten zuweilen »etwas enttäuschend oder sogar unangenehm« erscheinen. Dies gelte aber weniger für die EU als Ganzes als »für bestimmte Mitgliedstaaten«. Die Flüchtlingsverteilung werde jedenfalls im Oktober beginnen.
Die Bundesregierung hatte schon beim letzten Innenministertreffen am 9. Juli die Aufnahme von 9.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland zugesagt. Hinzu kommen 3.100 Menschen aus Flüchtlingslagern etwa um Syrien, die in Deutschland Schutz finden sollen. »Wir sind noch nicht ganz da, wo wir ursprünglich hatten sein wollten«, sagte die deutsche Staatssekretärin Emily Haber in Brüssel. Gescheitert seien die Gespräche aus ihrer Sicht nicht. So gebe es nun eine definitive Zusage, dass sich alle Staaten beteiligen würden.
Die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hatte schon zu Beginn des Sondertreffens klar gemacht, dass Wien bei der Umverteilung wegen der eigenen hohen Zahlen an Asylbewerbern niemand aufnehmen wolle. Schließlich habe Österreich inzwischen auf die Bevölkerung gerechnet »die höchste Quote an Asylbewerbern« in der EU. Mikl-Leitner schloss auch nicht aus, dass ihre Regierung in den kommenden Monaten wie Italien und Griechenland einen Antrag auf Nothilfe stellen und eine Umverteilung von Flüchtlingen in Österreich auf andere Länder fordern werde. Agenturen/nd
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