Gentech-Fliegen sollen Olivenhain retten
Britisches Unternehmen plant Freisetzung in Spanien
Ihr letzter Antrag wurde abgelehnt, jetzt will das britische Unternehmen Oxitec seine Hausaufgaben gemacht haben und erneut in einem Feldversuch gentechnisch veränderte Olivenfliegen aussetzen. Das geht aus einer Veröffentlichung im EU-Register hervor, auf die die gentechnikkritische Organisation Testbiotech jetzt hingewiesen hat. Es wäre die erste Freisetzung gentechnisch veränderter Tiere in der EU.
Laut Oxitec sollen sich die Fliegen aus dem Labor mit der natürlichen Population paaren - die weiblichen Nachkommen bereits im Larvenstadium wegen eines eingebauten Gens aber nicht überleben. Langfristig soll so die Population abnehmen. Die Fruchtfliege legt ihre Eier auf oder in den Oliven ab und die Larven ernähren sich vom Fruchtfleisch. Jedes Jahr richten sie so hohen Schaden in Olivenhainen an, bisher werden sie mit Insektiziden oder Insektenfallen bekämpft. Eine verbreitete Methode ist auch die Unfruchtbarmachung von männlichen Fliegen über radioaktive Bestrahlung. Paaren sich diese mit frei lebenden weiblichen Fliegen, vermehren sie sich nicht.
Ausgesetzt werden sollen ein Jahr lang wöchentlich etwa 5000 gentechnisch veränderte Fliegen nahe der katalanischen Küstenstadt Tarragona. Die Versuchsfläche sei knapp 1000 Quadratmeter groß und mit Netzen und Fallen abgeriegelt, schreibt Oxitec im Antrag. Zwar könnten sich dort auch andere Insekten, Vögel und kleine Säugetiere befinden. Negative Umweltauswirkungen seien aber nicht zu erwarten, da sich die genmanipulierten Olivenfliegen nur mit ihresgleichen paaren würden. »Unsere Methode ist umweltfreundlich und pestizidfrei«, wirbt Unternehmenssprecherin Chris Creese.
Das sehen Kritiker ganz anders und warnen vor »erheblichen Risiken« für Umwelt und Landwirtschaft. Mehrere Verbände aus den Mittelmeerländern fordern deshalb, den Versuch zu verbieten. Falls Fliegen entkommen, könnte ihre Ausbreitung nicht kontrolliert werden, warnt etwa Testbiotech: »Wie diese Insekten auf wechselnde Umweltbedingungen reagieren, ist nicht ausreichend erforscht. Sie wurden bisher nur im Labor beobachtet und vermehrt.« Testbiotech- Sprecher Christoph Then vermutet rein kommerzielle Interessen des Unternehmens und seiner Investoren, »um möglichst hohen Profit aus der Patentierung zu schlagen«. Die Verbreitung des Erbguts könnte aber die biologische Vielfalt beeinträchtigen, mit erheblichen Auswirkungen auf die Stabilität der Ökosysteme. Und die Landwirtschaft: Wenn die gentechnisch veränderten Fliegen entkommen, droht die Ernte in der Region unverkäuflich zu werden. Denn die Larven sterben in den Oliven. Wenn sich gentechnisch veränderte Larven in den Oliven befinden, sind diese nicht als Lebensmittel zugelassen. In Spanien werde auf 170 000 Hektar Olivenöl unter biologischen Anbaumethoden produziert, so Victor Gonzálvez vom spanischen Ökoverband SEAE. »Falls die Oliven mit der neuen Fliege in Kontakt kommen, könnten Biobauern ihr Zertifikat verlieren und Kunden das Vertrauen in die Produkte.«
Bereits 2013 wollte Oxitec gentechnisch veränderte Olivenfliegen in Spanien aussetzen. Damals forderte die zuständige Genehmigungsbehörde weitere Gutachten darüber, wie sich die Freisetzung auf natürliche Fressfeinde wie Spinnen auswirkt. Eine Genehmigung für den neuen Anlauf ist noch nicht erteilt, wie das Unternehmen gegenüber »nd« mitteilte.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.