Zwei Pointen
Bernd Kammer hat einen Rat für Opfer der Autobahnplanung
Die Sache hat gleich zwei Pointen, eine böse und eine schöne. Die böse: Der Bund verklagt Berlin, weil die Stadt sich zu mieterfreundlich bei der Verlängerung der Stadtautobahn verhalten habe. Die schöne: Der Senat wehrt sich, indem er ausdrücklich auf die Rechte der Mieter hinweist. Was unbedingt richtig ist.
Trotzdem reibt sich der Beobachter verwundert die Augen: Hat sich der Senat nicht monatelang ganz anders verhalten und den Bewohnern der zwei Häuser in der Beermannstraße, die demnächst der Autobahnverlängerung weichen müssen, die kalte Schulter gezeigt? Weder bezahlbarer Ersatzwohnraum war angeboten worden noch eine angemessene Entschädigung, stattdessen wurde mit Zwangsräumung gedroht. Dass die Mieter schließlich doch noch wenigstens finanziell entschädigt werden sollen, haben sie ihrem Widerstand zu verdanken.
Und nun wird genau diese Entschädigungsregelung vor Gericht angegriffen. Die Rolle des Senats hat jetzt der Bund übernommen, der die Mieter, die im Februar ohne Widerstand ihre Wohnungen verlassen haben, offenbar im Regen stehen lassen will. In ihrem Sinne kann man nur hoffen, dass der Senat in dem Rechtsstreit Erfolg hat. Und den Mietern der Häuser, die dem geplanten Weiterbau der A 100 nach Lichtenberg im Weg stehen - und das sind ein paar mehr - kann man nur raten, sich den schönen Satz aus der Klageerwiderung des Senats auszuschneiden, wonach einem mittellosen Mieter nicht einfach so seine Wohnung entzogen werden kann. Falls sie ihn daran erinnern müssen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.