Ungarn verschärft Asylrecht drastisch
Verkürzung des Asylverfahrens auf 15 Tage / Tschechiens Präsident plädiert für Armeeeinsatz gegen Migranten
Budapest. Ungarn hat am Samstag das Asylrecht drastisch verschärft und das Asylverfahren auf 15 Tage verkürzt. Amnesty International wirft der rechts-konservativen Regierung vor, sich über Völkerrechtsverpflichtungen hinwegzusetzen, weil die Bestimmungen es ermöglichten, Asylanträge ohne eingehende Prüfung pauschal abzulehnen.
Über Serbien eingereiste Flüchtlinge können fortan im Eilverfahren in das zum »sicheren Drittland« erklärte Nachbarland abgeschoben werden. 99 Prozent der illegal Einreisenden kommen über die serbische Grenze. Seit Jahresbeginn wurden knapp 100 000 Migranten registriert. Praktisch alle wollen in wohlhabendere EU-Länder weiterreisen.
»Ungarn hat die Verpflichtung jenen beizustehen, die um Asyl ansuchen, und jeden Antrag individuell zu überprüfen«, erklärte Amnesty am Freitag. Das Verfassungsgericht müsse die neuen Bestimmungen prüfen.
Tschechiens Präsident plädiert für Armeeeinsatz gegen Migranten
Indessen hat der tschechische Präsident Milos Zeman angesichts steigender Flüchtlingszahlen den Einsatz der Streitkräfte zur Grenzsicherung ins Spiel gebracht. Die Armee wäre bereit, 1500 Soldaten für diese Aufgabe freizustellen, sagte der Politiker am Sonntag der Onlineausgabe der Zeitung »Blesk«.
An die Adresse von Flüchtlingen, die in einem Abschiebelager ihre Freilassung gefordert hatten, sagte der 70-Jährige: »Niemand hat euch eingeladen«. Er fügte hinzu: »Haut ab, wenn es euch nicht gefällt.«
Mit seiner Haltung gerät Zeman zunehmend in Konflikt zur Prager Mitte-Links-Regierung. »Ein Staatsmann von Zemans Format sollte es nicht nötig haben, an die niedersten Instinkte zu appellieren und Gehässigkeit gegen Flüchtlinge zu verbreiten«, mahnte Ministerpräsident Bohuslav Sobotka jüngst.
Die Behörden erhöhten derweil die Kapazität des Abschiebelagers Bela pod Bezdezem, in dem es zu Ausschreitungen gekommen war, von knapp 300 auf 700 Betten. Allein im Laufe des Sonntags sollten hundert neue Flüchtlinge dort einquartiert werden.
Am Donnerstag und Freitag war es in Bela pod Bezdezem zu Protesten von Insassen gekommen, die »Freiheit!« riefen und nach Deutschland ausreisen wollten. Die unter anderem aus Pakistan und Afghanistan stammenden Flüchtlinge zerstörten dabei Einrichtungsgegenstände. Die Polizei bekam die Lage erst mit einem Großeinsatz in den Griff, bei dem die Beamten nach unbestätigten Berichten Tränengas einsetzten.
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