Asylbewerber vor Zeltstadt in Dresden angegriffen
Gewalt in Flüchtlingsunterkunft in Dresden / Horst Seehofer (CSU) spricht von »gewaltigem Missbrauch« / Haseloff lehnt stärkere Verteilung von Flüchtlingen auf den Osten ab / Kanzleramtsminister Altmaier drängt auf schnellere Bearbeitung von Asylanträgen
Update 16.00 Uhr: Flüchtlinge in Transporter stürzen beinahe auf Autobahn
Eine lebensgefährliche Flucht auf der Ladefläche eines Transporters haben 31 Afghanen hinter sich: Weil bei der Fahrt auf der Autobahn Salzburg-München (A8) plötzlich die Hecktür aufsprang, wären einige der stehend in den Kastenwagen gepferchten Flüchtlinge fast auf die Fahrbahn gestürzt, wie die Bundespolizei am Montag in Rosenheim mitteilte. Erst nach einiger Zeit habe der Fahrer angehalten und die Tür geschlossen.
Die Flüchtlinge berichteten, dass sie in Athen gewaltsam in den Transporter gepfercht worden seien und während der fast neunstündigen Fahrt keinen Platz zum Sitzen gehabt hätten. In Raubling wurden sie schließlich aufgegriffen. Der mutmaßliche Fluchthelfer aus Deutschland wurde festgenommen.
Update 15.15 Uhr: Höhn warnt vor Panikmache gegen Flüchtlinge
Nach zahlreichen Übergriffen auf Flüchtlingsheime in Deutschland warnt die LINKE vor einer weiteren Zuspitzung der politischen Debatte. Es sei hochgefährlich, das Thema Asyl fast ausschließlich als Bedrohung oder Belastung für das Land zu sehen, sagte Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn am Montag in Berlin. Aussagen über vermeintlichen Asylmissbrauch seien die ideologische Unterfütterung für fremdenfeindliches und rassistisches Verhalten.
Pläne für einen vorgezogenen Flüchtlings-Gipfel im September unterstützte Höhn hingegen ausdrücklich. Notwendig seien vor allem zusätzliches Personal für die Bearbeitung der Asylanträge sowie eine vollständige Übernahme der Unterbringungskosten durch den Bund.
Update 14.50 Uhr: 18-jähriger Afhghane von Unbekannten angegriffen
Ein 18 Jahre alter Afghane ist am Sonntagabend vor der Zeltstadt für Asylsuchende in Dresden angegriffen worden. Unbekannte verletzten ihn so schwer, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste, wie die Polizeidirektion Dresden am Montag mitteilte. Der Polizei zufolge waren die Angreifer vermutlich ebenfalls in dem Camp lebende Asylsuchende.
Update 14.00 Uhr: Erste Bewohner in zweite Eisenhüttenstädter Zeltstadt gezogen
In die zweite Zeltstadt für Flüchtlinge in Brandenburg sind die ersten Bewohner gezogen. In Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) werden sie von zehn Helfern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) betreut, wie ein Sprecher des DRK-Landesverbandes am Montag sagte. Mehr als 20 der 500 Plätzen seien belegt. Es werde damit gerechnet, dass sich die Zelte bis Ende nächster Woche komplett füllen. Mit Blick auf die heißen Temperaturen sagte der Sprecher: »Zelte sind keine optimale Lösung.« Die Flüchtlinge würden aber ausreichend mit Wasser versorgt. In der ersten Zeltstadt leben derzeit mehr als 350 alleinreisende Männer.
Update 13.30 Uhr: Leipzig bekommt Erstaunahme-Einrichtung
Leipzig bekommt in Kürze eine Erstaufnahme-Einrichtung für Asylbewerber. In einem ehemaligen Lehrlingswohnheim soll Platz für insgesamt 510 Flüchtlinge entstehen, wie eine Sprecherin der Landesdirektion Sachsen am Montag sagte. Bis zu 430 Menschen sollen in dem einstigen Heim wohnen, 80 in Containern. Am kommenden Freitag können interessierte Bürger das Areal besichtigen - und die Malteser nehmen Kleiderspenden entgegen.
In Erstaufnahme-Einrichtungen bleiben Flüchtlinge sechs bis zwölf Wochen, bis sie auf andere Domizile verteilt werden. In Leipzig gibt es bislang keine Erstaufnahme. Das frühere Lehrlingswohnheim ist eine Interims-Lösung - bis die in ehemaligen Bundeswehr-Objekten geplante Erstaufnahme fertig ist. Dies sei für Ende 2016/Anfang 2017 geplant, sagte die Sprecherin.
Update 12.50 Uhr: Feste Unterkünfte für alle Flüchtlinge in Sachsen
Sachsen will bis zum Einbruch der kalten Jahreszeit alle Flüchtlinge und Asylbewerber in regulären Unterkünften unterbringen. Die Menschen brauchten ein festes Dach über dem Kopf, sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU) am Montag nach einem Besuch des umstrittenen Zeltlagers in Dresden. Neben Gebäuden sollten dafür auch Container genutzt werden. Von dem Vorschlag, noch mehr Flüchtlinge in den Osten Deutschlands zu schicken, hält Ulbig indes nichts. Es brauche nicht noch einmal eine Verteildiskussion, Deutschland müsse diese Aufgabe gemeinsam schultern. Der Minister sprach sich aber für schnellere Asylverfahren aus.
Update 12.00 Uhr: Haseloff lehnt stärkere Verteilung von Flüchtlingen auf den Osten ab
Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) hat Vorschläge für eine stärkere Verteilung von Flüchtlingen auf den Osten Deutschlands abgelehnt. »Der Königsteiner Schlüssel ist eine gerechte und solidarische Regelung«, sagte Haseloff am Montag in Magdeburg zu entsprechenden Forderungen aus Baden-Württemberg.
Der Königsteiner Schlüssel bestimmt, wie viele Flüchtlinge ein Bundesland aufnehmen muss. Er orientiert sich an Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft. Sachsen-Anhalt hat einen Anteil von derzeit rund drei Prozent.
»Das ist ein bewährtes Instrument, das wir auf keinen Fall abschaffen sollten«, sagte Haseloff. Im Gegenteil wäre es richtig, wenn auch innerhalb der Europäischen Union ein Verteilungsschlüssel geschaffen würde.
Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) hatte am Wochenende erneut gefordert, mehr Flüchtlinge im Osten Deutschlands unterzubringen. Dort gebe es leerstehende Gebäude.
11.30 Uhr: Osterode bestätigt Engagement Til Schweigers für Flüchtlinge
Die Stadt Osterode hat bestätigt, dass sich der Schauspieler Til Schweiger beim Aufbau eines Flüchtlingswohnheims in der Harzstadt engagieren will. »Es gibt Kontakte zwischen Herrn Schweiger und dem Besitzer der als Wohnheim vorgesehenen Immobilie«, sagte Stadtsprecher Karl-Heinz Löwe am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd)
Die Gebäude einer ehemaligen Kaserne waren 2014 von der Firma »Princess oft Finkenwerder« erworben worden. Das Land Niedersachsen möchte dort eine weitere Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende einrichten und verhandelt darüber seit Jahresbeginn mit dem Unternehmen. Noch Anfang März hatten sowohl das Land als auch die Stadt Osterode bei einer Bürgerversammlung den Eindruck vermittelt, die Einrichtung des Flüchtlingsheims stehe kurz bevor.
Doch dann wurden Zweifel laut, ob »Princess of Finkenwerder« auch für den Betrieb der Erstaufnahmestelle befähigt ist. Die Bürgerinitiative »Für Osterode«, die evangelische Kirche und die Partei »Die Linke« äußerten Bedenken, weil das Unternehmen keine Erfahrung mit dem Betrieb von Flüchtlingsheimen besitze.
Über das Engagement Schweigers in Osterode hatte die »Bild am Sonntag« berichtet. Er wolle dort mit Freunden zusammen ein Vorzeige-Flüchtlingswohnheim aufbauen, sagte der Schauspieler dem Blatt. Schweiger kündigte demnach an, es werde Freizeitangebote für Kinder geben. Außerdem sollten Werkstätten eingerichtet werden und »eine Näherei, so dass die Menschen dort arbeiten können, eine Sportanlage und so weiter«.
Horst Seehofer (CSU) spricht von »gewaltigen Missbrauch des Asylrechts«
Berlin. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) dringt auf eine Beschleunigung der Asylverfahren. »Wir müssen besser werden. Wir müssen schneller werden«, sagte Altmaier am Montag im »Morgenmagazin« des ZDF. Er sei optimistisch, die »Bugwelle« von rund 240.000 offenen Anträgen abzubauen. Ziel sei eine Verkürzung der Verfahren, so dass das Asylrecht wahrgenommen und Missbrauch bekämpft werden könne. Offen äußerte sich Altmaier zum Vorschlag von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Beratungen der Regierungschef der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über den Umgang mit den steigenden Flüchtlingszahlen auf September vorzuziehen.
CSU-Chef Seehofer dringt auf schnelle Entscheidungen: Wenn erst einmal die kalte Jahreszeit erreicht sei, sei es zu spät. »Denn im Winter können Sie keine Zelte aufstellen. Wir müssten Zwangseinweisungen in öffentliche Einrichtungen machen, und dann wird es nicht mehr gemütlich. Das möchte ich vermeiden«, sagte er am Sonntagabend im »Bericht aus Berlin« der ARD.
Seehofer verlangte, dass der Bund den Ländern mehr Geld zur Verfügung stellt: »Wir haben in diesem Jahr einmalig eine Milliarde bekommen.« Das müsse der Bund mindestens verdoppeln. Zu der Forderung äußerte sich Altmaier zurückhaltend. Die Milliarde sei vor allem für die Kommunen bestimmt. »Wir hoffen, dass das Geld dann dort auch ankommt«, sagte der Chef des Kanzleramts im ZDF. Nun gehe es um die Finanzierung der Flüchtlingsversorgung im nächsten Jahr. Bund und Länder hatten vereinbart, dass sich der Bund ab 2016 dauerhaft an der Finanzierung beteiligt.
Dissens wurde in den Interviews von Seehofer und Altmaier über ein mögliches Einwanderungsgesetz erkennbar. »Ein Einwanderungsgesetz, das zu mehr Einwanderung noch nach Deutschland führen würde, wird mit der CSU nicht infrage kommen«, sagte Seehofer in der ARD. Stattdessen müsse über den »gewaltigen Missbrauch des Asylrechts« geredet werden.
Kanzleramtsminister Altmaier mahnte im ZDF wie auch in einem Interview mit der »Bild«-Zeitung (Montagsausgabe) dazu, Einwanderungs- und Asylpolitik getrennt zu betrachten. »Klar ist: Man kann den Fachkräftemangel in Deutschland nicht über das Asylrecht lösen - das sind völlig verschiedene Dinge, und das weiß auch die CSU«, sagte Altmaier der Zeitung. Er wies darauf hin, dass Deutschland nach den USA das zweitgrößte Einwanderungsland der Welt sei. Da sei es »ganz normal, dass es in der Union eine Diskussion darüber gibt, wie wir qualifizierte Zuwanderung steuern«.
In den Übergriffen auf Flüchtlinge in Deutschland sieht Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) keine neue Qualität rechter Gewalt. Der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (Montagsausgabe) sagte der SPD-Politiker, von Terrorismus könne man in diesem Zusammenhang nicht sprechen. Zwar gebe es in Deutschland ein fremdenfeindliches Potenzial, das mit klassischer Politik nicht erreichbar sei. Andere Kritiker der Asylpolitik seien aber lediglich »besorgt, weil sie merken, dass wir offenkundig ungelöste Probleme im Land haben«.
Bekomme die Politik die Lage in den Griff, »würde dieser Anteil des Unmuts schnell entfallen«, sagte der Minister, der zu einem bundesweiten Kraftakt aufrief: »Deutschland kann viel bewegen, wenn es das will.« Das müsse nun auch in der Flüchtlingspolitik geschehen - »unbürokratisch, entschlossen und schnell«. Agenturen/nd
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