60 Antworten auf die Friedensfrage
Seit März zieht eine hochpolitische Kunstausstellung durch Schleswig-Holstein - nun ist sie in Springhirsch zu sehen
»70 nach 45« heißt die internationale Wanderausstellung, die seit März in Schleswig-Holstein an das Ende des Zweiten Weltkriegs und das Ende des Nationalsozialismus in Deutschland vor sieben Jahrzehnten erinnert. Derzeit ist sie in der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen in Springhirsch (Kreis Segeberg) zu sehen, einem früheren Außenlager des KZ Neuengamme. Mit der Ausstellung wollen 49 Künstlerinnen und Künstler aus neun Ländern ein mahnendes Zeichen setzen.
Als die beiden Künstler Renate Basten und Jürgen Baum die Organisation für die themenbezogene Reihe in die Hand nahmen, mussten sie erst einmal einen offiziellen Veranstalter finden. Die Doris Rüstig-Ladewig-Stiftung aus Schleswig übernahm diesen Part - wohl kaum jemand konnte ahnen, welch großer Wurf damit gelingen sollte. Über 100 Werke zum Thema Krieg und Frieden wurden den Ausstellungsmachern angeboten. 60 Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Grafik, Fotografie und Skulptur fanden schließlich Eingang in die Ausstellung.
Die Gedenkstätte Kaltenkirchen unmittelbar an der Bundesstraße 4 ist mit ihren Räumlichkeiten viel zu klein für alle Exponate. Nur ein Bruchteil kann daher an diesem Ort gezeigt werden. Knapp 70 Besucher und Künstler haben der Ausstellungseröffnung in der Gedenkstätte dennoch einen würdigen Rahmen gegeben. Die Wanderausstellung trägt den Untertitel »Frieden im Land?«. Vor dem Start im Frühjahr hatte es auf Hinweisflyern neben dem Fragezeichen noch ein Ausrufezeichen gegeben. Weshalb die Streichung? »Wir brauchen uns doch nur aktuell in der Welt umsehen. Dass das Ausrufezeichen nun weggefallen ist, hat seine absolute Berechtigung«, sagte Uwe Czerwonka, Vorsitzender des Trägervereins der Gedenkstätte Kaltenkirchen.
Zu der Ausstellung hat auch Nikolai Estis beigetragen, der abwechselnd in seinen Ateliers in Moskau und Hamburg arbeitet. Von ihm kommt das vor sieben Jahren entstandene Bild eines Friedensvogels in malerisch höchst unruhiger Umgebung. In Springhirsch erzählt Estis von einem einige Jahre zurückliegenden Erlebnis, als er noch Arbeitsräume in Rellingen (Kreis Pinneberg) in einem Gebäude saß, in dem auch der örtliche Jugendtreff untergebracht war. Dort habe ihn schockiert, einen Jugendlichen zu sehen, der gerade ein Hakenkreuz gemalt hatte. Genau dieses Thema behandelt auch der inzwischen in Uetersen (Kreis Pinneberg) beheimatete Österreicher Erhard Göttlicher mit seinem Bild »Schwarz, rot, gold«, auf dem Adolf Hitler neben grölenden Neonazis zu sehen ist.
Bis Ende August bleibt die Ausstellung noch in den Räumlichkeiten der Gedenkstätte, es folgen Kiel, Meldorf und Lübeck. Dort ist dann unter anderem eine zusätzliche Werkschau von Erhard Göttlicher geplant. Im Januar wird die Ausstellung noch in Apenrade in Dänemark gezeigt - mehrere dänische Künstler sind an der Schau beteiligt. Die Organisatoren Baum und Basten wollen auf diesem Wege die künstlerische Herangehensweise an das Thema auch der deutschen Minderheit in Dänemark nahe bringen. Begleitend entsteht mittels Filmaufnahmen von allen Ausstellungsorten eine Dokumentation, für die Gitesh Klatt die Kamera führt.
Mehr Informationen unter: www.kz-kaltenkirchen.de, www.gemeinschaft-luebecker-kuenstler.de/aktuelles/70-nach-45; www.atelierwettersberg.de
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