Zu viel gezappelt und zu lange gewartet
Regionalligist BFC Dynamo verliert in der ersten Pokalrunde gegen den Zweitligisten FSV Frankfurt
»Dortmund oder Bayern - da wären wir doch nur Sparringpartner. So haben wir einen Gegner.« Thomas Stratos, Trainer des BFC Dynamo, versuchte vor dem Spiel der ersten DFB-Pokalrunde, das nicht wirklich attraktive Los FSV Frankfurt in einen Vorteil für die Berliner umzumünzen. Denn finanziell hätte es den zehnfachen DDR-Meister bei seiner vierten DFB-Pokalteilnahme kaum schlechter treffen können: Der Gegner aus Hessen brachte ganze fünfzig Fans mit, die Ansetzung an einem Freitagabend mitten in den Schulferien und sportlich ein wahrscheinliches Aus gegen die zwei Klassen höher spielenden Hessen - die von BFC-Präsident Norbert Ulig prognostizierte Zuschauerzahl jenseits der 6000 schien vor dem Spiel sehr gewagt.
Gewagt und gewonnen, auch wenn der BFC am Ende nach einem 0:2 ausschied und weiter auf sein erstes Tor überhaupt im DFB-Pokal warten muss. Am nächsten dran am Eintrag in die Dynamo-Historie war da noch Spielmacher Thiago Rockenbach da Silva, der in der 63. Minute als Gefoulter selbst zum Elfmeter antrat, diesen aber an den rechten Außenpfosten setzte. Statt des Anschlusstreffers zum 1:2 gab es damit nur eine Ecke und eine gebrochene Moral für die Dynamos, die zuvor zwei für unterklassige Teams jeweils einzeln meist schon entscheidende Nackenschläge erstaunlich gut wegsteckten: Das frühe 0:1 durch Edmond Kapllanis verwandelten Strafstoß nach nur drei Minuten. Martin Zurawski hatte den schnellen Dribbler Timm Golley nur durch Foul stoppen können. Und den zweiten Frankfurter Treffer kurz vor der Halbzeitpause (42.), als 25 Meter vor dem Tor drei Frankfurter einen Freistoß antäuschten, der ansonsten sehr gut parierende BFC-Keeper Bernhard Hendl den Schuss des vierten FSV-Spielers Denis Eppstein nur nach vorne abprallen lassen konnte - der erfahrene Stürmer Zlatko Dedic staubte ab und hob den Ball gekonnt über Hendl hinweg ins Tor.
Trotzdem konnte Stratos nach dem Spiel zufrieden sein - er hatte vor der Partie erklärt, was für ihn ein gutes Spiel wäre: viel Ballbesitz, herausgespielte Chancen, die eigenen Stärken als Mitfavorit für den Aufstieg in die dritte Liga auf dem Platz zeigen. All dies gelang seiner Mannschaft, nur beim Abschluss waren seine Spieler entweder zu ungenau oder, vor allem die jungen, haben vor dem Tor »zu viel gezappelt oder zu lange gewartet.«
FSV-Trainer Thomas Oral freute sich nach dem Spiel dann auch »riesig« über das Weiterkommen, die Erleichterung über die »Pflichtaufgabe, die bekanntlich die schwersten« seien, ließ ihn in breites Hessisch verfallen - inklusive interessantem Versprecher: man sei nach drei Minuten in Führung »geraten«. Auch wenn der Elfmeter für den FSV berechtigt war, pfiff Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck tendenziell eher für den Zweitligisten, ohne wirkliche Fehlentscheidungen. Trotzdem bescherte ihm das nach Abpfiff noch allerlei Verbalinjurien und eine Bierdusche von den Berliner Fans auf der Tribüne, vor denen ihn auch eine Eskorte der Berliner Polizei in voller Montur und in Schildkrötenformation nicht schützen konnte - vielleicht hätte ein Regen- oder Sonnenschirm in diesem hitzigen Moment bessere Dienste geleistet.
Trotzdem ging die Rechnung für den BFC bei Temperaturen um 38 Grad Celsius am Ende auf, 6189 Zuschauer sahen die Partie und waren am Ende zum Großteil zufrieden. Die Zuschauerzahl zeigt das potenzielle Interesse an den Weinrot-Weißen und bestätigt die Vereinsführung in dem Beschluss, dauerhaft im Prenzlauer Berg und nicht mehr in Hohenschönhausen zu spielen. Der Berliner AK, der sich selbst ebenfalls als mögliche dritte Kraft im Berliner Fußball hinter Hertha und Union sieht, lockte dagegen 2012 im Pokalspiel gegen den Bundesligisten TSG Hoffenheim gerade einmal 1400 Zuschauer ins Poststadion in der Mitte Berlins - und beim damaligen 4:0 der Berliner waren die Bundesligaprofis um Tim Wiese nur Sparringpartner.
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