Senat will dubiose Maklerprovisionen für Asylbewerberheime in Berlin prüfen
Nach nd-Recherche sollen mögliche Kapitalverflechtungen der PeWoBe durchleuchtet werden / LINKE prüft Untersuchungsausschuss
Die Verwaltung von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) will die bei der Einrichtung von Flüchtlingsheimen geflossenen Maklerprovisionen einer »intensiven Nachprüfung« unterziehen. Das teilte die Pressesprecherin von Czaja, Regina Kneiding, dem »nd« mit. Vorausgegangen war die Beantwortung einer Schriftliche Anfrage der Linksfraktion und eine Recherche des »neuen deutschland«. Diese belegte, dass im Fall des von der »Professionelle Wohn- und Betreuungsgesellschaft« (PeWoBe) betriebenen Asylheimes in der Charlottenburger Rognitzstraße das Maklerunternehmen »Marks Grundkonzept« über den Belegungssatz mit 59 500 Euro vergütet werden sollte, an dem der Geschäftsführer der PeWoBe, Helmuth Penz, nach »nd« vorliegenden Papieren über Kapitalverflechtungen selbst beteiligt war. Auch bei zwei weiteren Flüchtlingsunterkünften sollten laut Senat Maklerprovisionen geflossen sein.
Die PeWoBe bestritt auf Nachfrage, dass es Beziehungen zum Makler »Marks Grundkonzept« gab. Außerdem sei die Provisionszahlung niemals eingegangen, hatte ein Sprecher der PeWoBe in der vergangenen Woche betont. Ob und wann das Geld geflossen ist, will der Senat jetzt untersuchen. »Dabei geht es auch um die Zahlung einer Maklerprovision für die Einrichtung in der Rognitzstraße«, sagte Kneiding. Bei diesem Vorgang müssten die Eigentumsverhältnisse und die gesellschaftlichen Verflechtungen der beteiligten Gesellschaften geprüft werden. Nach derzeitigem Stand stellt sich die Sachlage folgendermaßen dar: Es gibt eine Rechnung des Maklers an die PeWoBe für die Rognitzstraße vom 3. Februar 2011, der Auftrag der PeWobe an den Makler stammte vom 14. September 2010. Unklar sei laut Senat, ob die PeWoBe und der Vermieter des Asylbewerberheims in der Rognitzstraße in Charlottenburg, die »Golden Lions Invest GmbH«, etwas miteinander zu tun haben und das Grundstück dem Geschäftsführer der PeWoBe, Helmuth Penz, vor dem Geschäft bekannt gewesen sei. »Der angebliche Auftrag der PeWoBe vom September 2010 wurde zwar abgefordert, er wurde jedoch nicht für die Akten übersandt«, erklärte der Senat.
»Ob es sich also hierbei möglicherweise um ein In-Sich-Geschäft handelt, ob und wenn ja in welcher Höhe eine Finanzierung über die Tagessätze stattgefunden hat, muss noch intensiv geprüft werden«, sagte Kneiding. Fest steht bislang nur, dass das LAGeSo mit Schreiben vom 5. März 2013 es abgelehnt hatte, diese Provision gesondert zu bezahlen. Hatte die Firma also nochmals auf die dubiose Maklerzahlung gedrungen?
Die Linkspartei-Abgeordnete Elke Breitenbach, die die Fälle der fragwürdigen Maklerprovisionen bei der Anmietung der Flüchtlingsheime nach der Lektüre des Wirtschaftsprüferberichts über eine Schriftliche Anfrage im Parlament aufgedeckt hatte, ist entsetzt. »Senator Czaja prüft erst dann, wenn die richtigen Fragen gestellt werden«, kritisierte Breitenbach.
Bis zum Ende der Sommerpause will die LINKE eine Entscheidung fällen, ob nicht doch noch ein Untersuchungsausschuss zum LAGeSo eingesetzt werden soll. »Was das LAGeSo angeht, prüfen wir derzeit einen Untersuchungsausschuss«, sagte der Fraktionsvorsitzende der LINKEN, Udo Wolf, dem »nd«. Grundlage für die Entscheidung sei die Einschätzung der Abgeordneten, die derzeit Einblick in die Akten zum LAGeSo im Datenschutzraum haben und die Beantwortung eines Fragenkatalos an den Senat. Grundsätzlich taugt ein Untersuchungsausschuss nur, wenn dadurch neue Fakten ans Tageslicht gefördert werden.
Nach derzeitigem Kenntnisstand stehe aber bereits fest: »Die Praxis beim LAGeSo, die Unterkunftssuche und freihändige Auftragsvergabe an irgendwelche Privaten zu geben, muss sofort beendet werden«, erklärte Udo Wolf. Der Senat müsse eine klare Linie ziehen und dafür sorgen, dass das Controlling wieder funktioniere. Voraussetzung dafür sei, dass der Senat seine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern des LAGeSo gerecht werde und die Behörde entsprechend mit Fachpersonal ausstatte. Dass Missstände noch unter rot-rote Verantwortung und deren Senatorin Carola Bluhm fielen, ist indes kein Argument gegen einen Untersuchungsausschuss. »Es gibt sicher einige Vorgänge aus Verwaltungen in zehn Jahren rot-roter Regierungszeit, wo wir nicht mitbekommen haben, was im Einzelnen passiert ist, sondern erst im Nachhinein. Entscheidend ist, wie verantwortliche Senatorinnen oder Senatoren handeln, wenn sie davon erfahren«, sagte Wolf.
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