Athen schickt Hotelschiff für Flüchtlinge auf Kos

Grünen-Politikerin Roth berichtet von »totalem Chaos« auf Insel

  • Lesedauer: 2 Min.
Ein Kreuzfahrtschiff soll die angespannte Lage der Flüchtlingen auf Kos beruhigen. 2500 Menschen sollen auf diesem Schiff Platz finden. Die Lage bleibt allerdings schwierig: Es fehlen Strom, Wasser und Essen.

Kos. Nach Zusammenstößen zwischen Polizei und Flüchtlingen auf der griechischen Urlaubsinsel Kos will Athen die Lage mit einem Hotelschiff entschärfen sowie zusätzliche Verwaltungsbeamte und Sicherheitskräfte entsenden. Das Hotelschiff habe Platz für 2500 Menschen und werde »umgehend« auf den Weg gebracht, teilte die Regierung am Mittwoch mit. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth berichtete nach einem Besuch vor Ort, in Kos herrsche das »totale Chaos«.

Am Dienstag sind Polizisten mit Schlagstöcken und Feuerlöschern gegen eine Gruppe Flüchtlinge vorgegangen, die aus einem Fußballstadion zu einer Polizeiwache wollten, um sich dort registrieren zu lassen. Die Migranten hatten nach ihrer Überfahrt aus der Türkei teils mehrere Wochen an den Stränden und auf den Straßen der Insel übernachtet und mussten nun in dem Fußballstadion unter brütender Hitze weiter ausharren. Bürgermeister Giorgos Kiritsis hatte gewarnt, es drohe »Blut zu fließen«.

Rund 40 Bereitschaftspolizisten seien schon eingetroffen, weitere Einheiten würden von anderen Inseln der Ägäis nach Kos verlegt, sagte ein Polizeisprecher am Mittwoch. Nach Regierungsangaben aus Athen soll das Hotelschiff den Flüchtlingen nicht nur als Herberge dienen, sie sollen dort auch registriert werden, damit ihre Umverteilung in reguläre Aufnahmezentren beschleunigt werde. Bürgermeister Kiritsis registrierte am Mittwoch schon eine leichte »Beruhigung«, auch wenn die Situation »angespannt« bleibe. Bis Freitag solle es gelingen, alle Ankömmlinge aufs Festland zu bringen.

Roth erhob gegen den Rathauschef schwere Vorwürfe. »Er scheint zu glauben, wenn er die Flüchtlinge nur möglichst wenig menschlich behandelt, dann gehen sie schneller wieder weg«, sagte sie »Focus online«. Es gebe für die Flüchtlinge auf Kos kein Wasser, kein Essen, keine Elektrizität, keine funktionierenden Toiletten. »Ich habe mich so geschämt, dass so etwas mitten in Europa vorkommt.«

Die Behörden der kleinen Ägäis-Insel nahe der türkischen Küste sind seit Wochen mit der hohen Zahl der Flüchtlinge überfordert. Erst am Montag war ein Polizist suspendiert worden, der dabei gefilmt worden war, wie er einen Flüchtling ohrfeigte, der näher als erwünscht an die Polizeiwache herangekommen war.

Derzeit sind 7000 Flüchtlinge auf der 30.000-Einwohner-Insel. Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte vergangene Woche die EU zu Hilfe gerufen, da sein Land angesichts der vielen Geflüchteten überfordert sei. Am Donnerstag will EU-Binnenkommissar Dimitris Avramopoulos einer Krisensitzung in Athen berufen, wie er am Mittwoch mitteilte. Nach UN-Angaben trafen seit Jahresbeginn in Griechenland 124.000 Flüchtlinge ein. AFP/nd

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -