Verfassungsschutz hat die AfD im Haus
Sachsens Geheimdienst und sein Extremismusexperte
Wenn Sachsens oberster Verfassungsschützer Gordian Meyer-Plath, - der sich bei Ermittlungen zum NSU-Umfeld den Spitznamen V-Mann-Fahrer erworben hat - etwas über die Entwicklung der AfD erfahren möchte, dann muss er das Dienstgebäude nicht verlassen. Denn zu seinen Untergebenen gehört offenbar ein Mann namens Hendrik Seidel. Der ist sogar Vize-Kreisvorsitzender der AfD in Mittelsachsen. In seiner Kandidatur für den Landtag 2014 hatte er sich nicht nur als Opfer des DDR-Regimes zu erkennen gegeben, sondern auch auf seine Tätigkeit als »Verwaltungsbeamter« (mit »Aufstiegsstudium an der Fachhochschule des Bundes in Brühl«) verwiesen. Er fertige Analysen zur innere Sicherheit mit »Schwerpunkt Extremismus« an, schrieb er. Und als ob das nicht schon genug Hinweise auf seinen Geheimdienstjob gewesen wären, war die entsprechende Datei mit »lfv23011« gekennzeichnet. LfV ist das Kürzel des Landesamtes für Verfassungsschutz. Falls das nicht stimmt oder er den Arbeitgeber gewechselt haben sollte, würde es für das Innenministerium in Dresden ein Leichtes sein, das mitzuteilen. Noch fehlt diese Auskunft.
Wahr ist, dass die AfD nicht Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes ist. Doch die Partei unternimmt viel, um es zu werden. Die »Programm-Thesen der AG Innere Sicherheit« von 2014, an der Seidel und zwei Polizeibeamte mitgearbeitet haben, wurden vom Sprecher des sächsischen Verfassungsschutzes teilweise schon mal als »verfassungswidrig« eingestuft. Und wer sich die Facebook-Seite des Kreisverbandes Mittelsachsen anschaut, der watet optisch durch politisch und rassistisch motivierten Hass. »Linksfaschisten ziehen marodierend durch Leipzig«, wird gewarnt und noch bevor Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag die neuen Hochrechnungen über Asylsuchende vorlegen konnte, hieß es bei der AfD: »Wollen wir uns den ganzen Wahnsinn wirklich gefallen lassen?«
Diese Flüchtlinge »schleppen massenhaft Krankheiten ein«, liest man und auch dass die AfD »ein Sicherheitskonzept zum Schutz der Deutschen vor Übergriffen von kriminellen Asylsuchenden« verlangt. Das passende Angst-Mach-Beispiel wird mitgeliefert: »Nordafrikanischer Flüchtling missbraucht siebenjähriges Mädchen auf dem Spielplatz, und das mitten in Chemnitz! Leute wacht auf!! Keinen Fußbreit deutschen Boden für solche Elemente.« Dass der 22-Jährige von dem Verbrechensvorwurf entlastet wurde, teilt die AfD des Extremismusexperten Seidel nicht mit. Wozu? Die Analyse ist doch fertig.
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