Warten auf das Wort des Chefs

Bremen will Kooperation mit Nachbarn stärken - nur wie?

  • Alice Bachmann, Bremen
  • Lesedauer: 3 Min.

Ist Bremens neuer Bürgermeister, Carsten Sieling (SPD), der neue Besen, der gut kehrt? Und der deshalb erst mal vorsichtig beäugt wird? Oder hat er sich Anfang dieser Woche einfach etwas unbedarft zu einem heiklen Thema geäußert, als er in tiefster Ferienzeit über seinen im September anstehenden Besuch beim niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) sprach? Bremen, so Sieling, wolle die Kooperation mit seinem großen Nachbarn Niedersachsen verstärken.

Auf Nachfragen des »nd«, ob es denn konkrete, über die einschlägigen Formulierungen des kaum sechs Wochen alten rot-grünen Koalitionsvertrages hinaus gehende Gesprächsthemen zwischen Sieling und Weil geben werde, kamen jedenfalls sehr unterschiedliche Reaktionen. Vielleicht liegt es daran, dass nach der Bürgerschaftswahl vom 10. Mai 2015 der rot-grüne Senat im Grunde noch gar nicht mit der Arbeit begonnen hat. Denn kaum waren Regierung und Landtag konstituiert, da ging es schon in die Sommerpause.

Es kann aber auch daran liegen, dass auf Seite 130 des Koalitionsvertrag neben den Kooperations-Themen Häfen, Offshore, Justiz, Verwaltung, überregionaler Verkehr auch Begrifflichkeiten wie »Synergie-Effekte«, »Doppelstrukturen abbauen« und »Bündelung« auftauchen. Wobei eine »Bündelung« es in sich hat: Die Koordinierung und Außenvertretung der Bremer Kooperationen innerhalb Norddeutschlands werden in der Senatskanzlei gebündelt - sind also Chefsache.

Dieser Satz gibt jedem Ausspruch Sielings zu jenem Sachgebiet besonderes Gewicht. Und da will jetzt niemand einen Fehler machen - schließlich sind die neue Senatsriege und ihr Chef sowie deren Sprecher und Sprecherinnen noch kein eingespieltes Team.

Eine Ausnahme bilden Jens Tittmann und sein Dienstherr, der grüne Umwelt-, Bau- und Verkehrssenator Joachim Lohse. Tittmann teilte mit, es habe noch keinen Sieling-Lohse-Austausch gegeben. Und in Sielings Interview seien auch keine Themen das Lohse-Haus betreffend zu finden. Dann allerdings wurde vom Ressort als einziges mögliches gemeinsames Projekt die Autobahnauffahrt Achim genannt, was ein bisschen verschnupft wirkte. Die niedersächsische Stadt Achim hat etwa 32 000 Einwohner und beginnt an Bremens Landesgrenze.

Auch Rose Gerdts-Schiffler und ihr Dienstherr Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) arbeiten schon länger zusammen. Gerdts-Schiffler erklärte, das Ressort sei bereits »im Geschäft« der Bremen-Niedersachsen-Kooperationen, etwa bei der Beschaffung von Polizeiuniformen und der Kriminalitätsbekämpfung. Es werde geprüft, wie die Kooperationen sich lohnend ausweiten lassen.

Werner Wick von der Senatskanzlei wiegelt ab: Es handele sich im Grunde bei dem anvisierten Treffen der beiden Landeschefs um den Antrittsbesuch Sielings. Vielleicht könne auch von einem »qualifizierten« Antrittsbesuch gesprochen werden. Aber es gebe bereits viele Kooperationen zwischen beiden Ländern und zudem regelmäßige gemeinsame Kabinettssitzungen. Die allerdings nur ein, höchstens zwei Male pro Jahr wegen des riesigen Aufwands.

Matthias Lüdecke, der neue Referent für Öffentlichkeitsarbeit der SPD-Fraktion, betonte in seiner schriftlichen Antwort, die Fraktion begrüße es, dass Sieling so zügig das Gespräch mit seinem niedersächsischen Kollegen aufnehme. Das Gespräch habe seine Basis in der Koalitionsvereinbarung, auch die von Sieling genannten Bereiche seien dort verankert.

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