Der einzige Bond
Sean Connery 85
Die aktuelle US-russische Konfrontation macht es möglich - plötzlich klingen diese antiquierten Plots der 60er Jahre wieder frisch: Ein Superschurke kapert ein russisches und ein US-amerikanisches Raumschiff, um die verfeindeten Supermächte in einen Superkrieg zu locken (»Man lebt nur zweimal«, 1967). Verhindern konnte dies damals nur einer: nein, nicht einfach James Bond - sondern Sean Connery. Der eine und einzige Bond. Einer, auf den zunächst niemand in die populäre und lukrative Ian-Fleming-Reihe folgen wollte, weil hier, so intensiv wie selten in der Geschichte des Unterhaltungsfilms, die Rolle mit einem bestimmten Schauspieler verwachsen war: »Mir wurde ziemlich viel Geld angeboten, um James Bond zu spielen. Aber das war Seans Ding«, begründete etwa Clint Eastwood seinen damaligen Rückzieher.
Es war ein weiter Weg vom für wenig Geld malochenden Proletensohn im schottischen Edinburgh der 30er und 40er Jahre über den Martinis schlürfenden Frauenhelden James Bond der 60er und 70er Jahre bis zum Charakterdarsteller und laut »Peoples Magazine« erotischsten Eigenbrötler des Jahrhunderts in den 80er und 90er Jahren. Und diese Lebensreise hat ihre Spuren hinterlassen: Sir Sean Connery, der am heutigen Dienstag 85 Jahre alt wird, hat sich wohl endgültig und konsequent von der Öffentlichkeit verabschiedet. Kein Wort dringt mehr von ihm nach »draußen«.
»Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen«, sein letzter, schwacher Film (bis auf Connerys mal wieder verschmitzte Darstellung) wurde 2003 gedreht. Und nicht einmal zum Unabhängigkeitsreferendum der Schotten meldete sich Connery, der in den 90er Jahren in Schottlands Nationalpartei SNP eintrat und seine Autobiografie gar »Mein Schottland, mein Leben« nannte, zu Wort. Vielleicht fürchtete er aber auch das Ergebnis des Referendums: Der Steuerflüchtling hatte den ob seiner Kapitalflucht beleidigten Briten und Schotten versprochen, seinen jetzigen Wohnsitz auf Barbados aufzugeben, wenn Schottland unabhängig werden sollte.
Immerhin: Connerys Umfeld meldet aktuell in die Funkstille, dass es dem Mimen und schottischen Nationalheiligtum, das bereits mindestens eine Krebserkrankung überstanden hat, gut gehe. Man kann nur hoffen, dass Connery tatsächlich ein fideler Ruheständler ist, und sich hier kein Denkmal vor der Realität verstecken möchte: Auch ein »Mister Universum« (3. Platz, 1950), ein Mentor eines »Highlanders« (1986), der Vater von »Indiana Jones« (1989), ein genialer Mönch (»Name der Rose«, 1986) oder der Jäger Al Capones (»Die Unbestechlichen«, 1987) darf alt und schwach werden.
Wenigstens seine Frauen wie Männer augenblicklich ins Herz treffende Geheimwaffe - seine Stimme - lieh Connery noch bis 2012 diversen Produktionen. Angeblich lehnte Bond-Erfinder Ian Fleming Connery damals als 007-Darsteller zunächst ab. Das war wohl, bevor er mit Connery gesprochen hatte.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.