Bundeswehr baut Cyber-Streitkräfte auf
Über alle Grenzen: Bündelung zur »Operationsführung im gesamten Informationsraum« geplant / Cyber- und Informationsraumkommando CIRK auch für Auslandseinsätze / LINKE: Parlamentsbeteiligung auch bei Cyberwar
Mit einem Tagesbefehl hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Donnerstag Grundlagen gelegt, »um die Bundeswehr zukunftsfähig im Cyber-Raum zu machen« und »zur erfolgreichen Operationsführung im gesamten Informationsraum zu befähigen«. Bereits heute sei der Cyber-Raum - wie Land, Luft, See und Weltraum -»ein fester Begleiter konventioneller Operationsführung«. Das Cyber- und Informationsraumkommando soll unter der Kurzbezeichnung CIRK laufen. Man fange bei der Bundeswehr nicht bei Null an und werde zunächst die bereits vorhanden Fähigkeiten zusammenführen, heißt es im Verteidigungsministerium.
Als ersten Schritt werde man dort einen »kleinen aber schlagkräftigen« Aufbaustab unter Leitung von Staatssekretärin Karin Suder bilden, war aus dem Verteidigungsministerium zu erfahren. Die Arbeiten sollen bis Ende 2016 abgeschlossen sein. Am Ende des Prozesses könnte dann eine eigene Streitmacht stehen, die neben und gemeinsam mit dem Heer, der Luftwaffe und Marine einsetzbar ist.
Bislang sind Cyber-Fähigkeiten bei der Bundeswehr zwar vorhanden, doch nicht zentral organisiert. Mit der Bündelung reagiert von der Leyen auf die Bedrohung, die von Cyber-Attacken ausgehen. Neben der Abwehr solcher Angriffen auf den Bereich der Bundeswehr ist auch an »Wirkmittel« gedacht. Die neuen Cyber-Fähigkeiten der Bundeswehr könnten das Wirkspektrum der Bundeswehr in multinationalen Einsätzen signifikant zu erweitern. Man denke an zielgerichtete und koordinierte Maßnahmen zur Beeinträchtigung von fremden Informations- und Kommunikationssystemen sowie der darin verarbeiteten Informationen.
Die LINKE befürchtet nun, dass die Bundeswehr künftig vorbei am Parlament am virtuellen Kriegseinsätzen teilnimmt. Der Verteidigungsausschuss müsse »schnellstmöglich eine öffentliche Anhörung durchzuführen, bei welcher geklärt werden soll, wie die Bundesregierung das Parlament zukünftig bei der Durchführung und/oder Beteiligung Deutschlands an Cyberwar-Einsätzen rechtzeitig und umfassend einbinden will«, erklärte Alexander S. Neu, Obmann der Linksfraktion im Verteidigungsausschuss. Die derzeit anstehenden Reform des Parlamentsbeteiligungsgesetztes könne dazu genutz werden, »das Thema Cyberwar gleich mit abzuklären«.
Von der Leyen hatte im April das »Nato Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence« in Estland besucht und sich dort über die Strategie des westlichen Militärbündnisses im neuen, alle Grenzen überschreitenden Kampfgebiet informiert. Im Verteidigungsministerium denkt man an auch an gemeinsame Operationen innerhalb der NATO. Die »sicherheitspolitische Komponente gehen weit über die sicherheitstechnischen Komponenten hinaus«, ist in Berlin zu hören.
Sowohl bei Einsätzen im Ausland wie im Innern würden aber alle verfassungsmäßigen Regelungen beachtet, hieß es. Die dabei anstehenden rechtlichen Regelungen stammen aber aus dem analogen Zeitalter, die rechtlichen und politischen Implikationen des militärischen Cyberwesens scheinen somit weitaus komplizierter zu sein, als sich das IT-Experten der Bundeswehr derzeit vorstellt. Die Bundeswehr werde, so heißt es, eng mit den zuständigen zivilen Behörden zusammenarbeiten und erhofft sich eine intensive Vernetzung auch mit der Wirtschaft.
In einem Kolloquium beraten Fachleute am heutigen Donnerstag über die Einbettung der künftigen Bundeswehr-Cyper-Fähigkeiten in das »Weißbuch 2016« zu den sicherheitspolitischen Richtlinie des Landes.
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