Lottospiel Zimmersuche
Der angespannte Wohnungsmarkt stellt zum Semesterstart auch Studierende vor Probleme
Nikoloz Tokhvadze ist vor einem halben Jahr zum Studieren nach Berlin gekommen. Seit seiner Ankunft musste er bereits zwei Mal umziehen. Trotz aufwendiger Suche fand der gebürtige Georgier immer nur Zimmer zur Zwischenmiete. Natürlich hat er sich auch beim Studentenwerk angemeldet, erklärt er. Dort müsse er jedoch jahrelang warten, um einen Platz zu bekommen. Bis dahin sei er ja mit seinem Studium vielleicht schon fertig, fügt Nikoloz lachend hinzu. Ihn störe, dass gerade ausländische Studenten auf ihrer Wohnungssuche aufgrund der Sprachprobleme benachteiligt werden. Ausländische Freunde von ihm hätten gar während ihrer Wohnungssuche E-Mails bekommen, in denen ihnen die Vermittlung von Zimmern gegen die Vorabüberweisung von einigen hundert Euro versprochen worden wäre.
Auch Annette Schmidt sitzt wie Nikoloz am Montagmorgen vor dem Grimm-Zentrum in Mitte in der Sonne. Sie berichtet, dass es gerade für sie als junge Mutter schwierig war, einen Platz zum Schlafen zu finden. Eine eigene Wohnung sei für sie nicht bezahlbar und viele Wohngemeinschaften würden Singles jungen Eltern vorziehen. Die meisten Studenten haben wohl Angst, ihren Lebensstil einschränken zu müssen, vermutet sie. Annette hatte Glück und fand nach langem Suchen eine Wohngemeinschaft, die sie und das Kind »solidarisch unterstützt«.
Dies sind nur zwei Beispiele, deren Brisanz jedoch von einer aktuell veröffentlichten Studie bestätigt wird. Nach einer Analyse der Gesellschaft für Beteiligungen und Immobilienentwicklungen (GBI) ist die Situation für Berliner Studenten »weiterhin schwierig«. Untersucht wurden bundesweit 87 Hochschulstädte auf Kriterien wie »Mietkosten«, »Attraktivität« oder »Erstsemesterzahlen«.
Für jeden dieser Aspekte wurden Punkte vergeben, die dann zu einem »Anspannugsfaktor« zusammengerechnet wurden. Im Vergleich der Städte mit »angespanntem Wohnungsmarkt« liegt Berlin auf Platz sieben. Das generelle Mietniveau für Berliner Studierende liege derzeit bei 7,90 Euro pro Quadratmeter. Die durchschnittlichen WG-Kosten sind auf 380 Euro für ein Zimmer angestiegen. Laut Stefan Brauckmann, einem der an der Studie beteiligten Forscher, sei das Problem vor allem ein »struktureller Mangel« an »kleineren und damit preisgünstigeren Wohnungen«. Die Wohnungsnot erschwere dabei die »notwendige Flexibilität« der Studenten.
Auch das Studentenwerk bestätigt den steigenden Druck, der speziell auf neuen Studierenden lastet. Rund 2200 Personen seien derzeit auf den Wartelisten der 34 Wohnheime Berlins platziert. Die Zahl der Wartelistenplätze sei dabei in den letzten Jahren rasant angestiegen, sagte Jürgen Morgenstern, Pressesprecher des Studentenwerks. Demnach kann es bis zu zwei Jahre dauern, innerhalb des Stadtrings einen Wohnheimplatz zu bekommen. Außerhalb dauere es nur acht Wochen.
Die Situation erschwere, dass in den Wohnheimen nur rund sechs Prozent der Studierenden untergebracht sind. Dies liegt deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von zehn Prozent und führe dazu, dass die Studierenden vor allem auf dem freien Wohnungsmarkt nach Unterkünften suchen. Die im Herbst beginnenden 24 000 Erstsemester können sich erneut auf eine nervenaufreibende Wohnungssuche einstellen.
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