Händel? Festspiele? War da was?
Irren ist menschlich. Das gilt selbst für Minister. Obwohl die einen ganzen, obendrein gut bezahlten Apparat zur Verfügung haben. In Magdeburg, dem Sitz der schwarz-roten Landesregierung von Sachsen-Anhalt, hat man offenbar durch diverse Pannen die Anschlussfinanzierung der Händel-Festspiele in Halle für die Jahre nach 2017 zumindest fahrlässig gefährdet. Es geht um die Finanzierung der Landeszuschüsse für das einzig wirklich international bedeutende Kultur-Event in Sachsen-Anhalt. In Halle, der Geburtsstadt des Barockmeisters Georg Friedrich Händel, finden nämlich jedes Jahr mehrwöchige Festspiele zu seinen Ehren und zur Freude seiner internationalen Fan-Gemeinde statt.
Bis zum Jahr 2017 sind die Finanzen in Sack und Tüten - sofern das heutzutage möglich ist. Doch die Folgefinanzierung, die jetzt auf den Weg gebracht werden müsste, ist offenbar im Hickhack-Unterholz der Magdeburger Landespolitik abhanden gekommen. Es geht um 2,9 Millionen Euro, die im laufenden Haushaltsverfahren für die Jahre 2018/19 hätten beantragt werden müssen. Ist ja noch eine Weile hin, könnte man sagen. Aber die Landeshaushalte und die Kultur-Branche planen langfristig. Da müssen mit einigem Vorlauf Verträge geschlossen und Künstler engagiert werden.
Was schon im Doppelhaushalt 2015/16 als Anschluss hätte beantragt werden müssen, habe - so die Opposition - Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) regelrecht verschlafen. Eine Korrektur der Panne bei der Einbringung des Nachtragshaushalts, der wegen der Flüchtlingskrise ohnehin ansteht, haben nun aber ausgerechnet die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD abgelehnt, so heißt es aus Magdeburg. Da habe der Kulturausschuss zwar zugestimmt, aber der Finanzausschuss nicht.
Offensichtlich haben in Sachsen-Anhalt nicht nur die Kulturschaffenden - und da vor allem die Theaterschaffenden - ein ernstes Problem mit diesem Landeskultusminister, sondern auch die Politik selbst. Denn wie sonst wäre diese politische Ohrfeige für den Ressortchef zu erklären?
Schlimmer ist da nur noch, wenn sich der ehemalige Pfarrer an der Spitze des Kultusministeriums und sein Kollege Jens Bullerjahn vom Finanzministerium (ebenfalls SPD) einig sind. Die setzen bei der Verteilung der gar nicht so knappen Mittel für Kultur offensichtlich eh lieber auf historische Steine. Besonders, wenn sie mit Martin Luther zu tun haben. Damit lässt sich gut repräsentieren und außerdem widersprechen Steine nicht. So wie etwa die Theaterleute in Dessau, Halle und Eisleben, denen die Landesregierung die Zuschüsse auf das traditionell etwas niedrigere Budget der Magdeburger zurückgeschraubt hat.
So sehr gerade Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nicht müde wird, ganz zu Recht bei jeder Gelegenheit das Hohelied vom Kernland der deutschen Kultur zu singen, so sehr fehlt es an Anwälten der lebendigen Kultur. Selbst wenn das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen ist, so schrillen in Sachsen-Anhalt die Alarmglocken, wenn es auf dem Rand sitzt. Hatte die Absage der Händel-Festspiele beim Hochwasser 2012 wenigstens noch handfeste Gründe, über die man allerdings geteilter Meinung sein kann, so wäre eine Gefährdung, wie sie jetzt droht, unverzeihlich und eine Katastrophe.
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