Mieten-Initiativen zu Gast bei der LINKEN
Diskussionsforum im Karl-Liebknecht-Haus
»Unsere zehn Jahre Mitregierung waren für die Stadt- und Wohnentwicklung zehn verlorene Jahre«, sagt Klaus Lederer. Der Landesvorsitzende und seine Linkspartei haben am Sonnabend zum wohnungspolitischen Forum geladen, das im Karl-Liebknecht-Haus abgehalten wird. Unter Rot-Rot galt schließlich das von der damaligen Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) ausgegebene Mantra des »entspannten Wohnungsmarktes«. Man sei zwar auch in Zukunft nicht davor gefeit, sachliche Fehler zu machen, »aber diese Sprachlosigkeit darf es nie wieder geben«, sagt Lederer. Er zielt dabei auch auf den damals fehlenden Austausch mit den sozialen Bewegungen der Stadt ab.
»Die Wohnungspolitik hat sich verändert und das ist erst mal gut so«, sagt die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Katrin Lompscher. Allerdings gebe es gewisse Mängel, die vor allem daher rühren, dass die Projekte nicht vorbereitet wurden. Eben Bauplätze zu finden, die technisch und demokratisch möglich sind. »Alles, was jetzt gebaut wird, ist die Rache für Tempelhof«, sagt sie. Vieles was man politisch wolle, müsse auf Bezirksebene verankert werden.
»150 000 neue Wohnungen bräuchten wir, um die Situation von 2010 wieder herzustellen«, sagt Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft. »Wir haben momentan einen Mangel, der sich extrem auswirkt, denn nicht nur die Mieten, sondern auch die Hauspreise steigen. Und wenn man die bezahlt hat, muss man die wieder reinbekommen«, so Oellerich. Der Hebel sei vor allem die energetische Sanierung, der bei geringen Betriebskosteneinsparungen starke Mieterhöhungen zur Folge habe. »Wenn sie dann noch einen Fahrstuhl einbauen und einen Balkon anflanschen, hat sich die Miete verdoppelt.« Für ihn führt deshalb kein Weg an massivem Wohnungsbau vorbei.
»Bei der Frage der Neubauverhinderung erlebe ich im Verein beide Seiten«, sagt Rainer Wild vom Berliner Mieterverein. Da gebe es Mieter, die sich gegen Verschattung einsetzen und keinen Neubau wollen, andererseits gebe es Zuwanderung und Nachfrage nach Wohnungsraum. Daher müsse gebaut werden, allerdings mit einer Planungs- und Beteiligungskultur, die auch die Beteiligung der Bürger sicherstellt. »Wir haben einen zu geringen Anteil an nicht renditeorientierten Wohnungseigentümern. Heute haben wir 280 000 städtische Wohnungen, eigentlich sollten es vier- bis fünfhunderttausend sein«, sagt Wild.
Den viel kritisierten, von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) geplanten Häusern in Leichtbauweise kann Katrin Lompscher durchaus etwas abgewinnen: »Die Leute, die jetzt in Turn- und Messehallen wohnen, müssen richtig untergebracht werden, das ist auch eine Chance für Integration.« Bei der Finanzierung und Errichtung von Sozialwohnungen gibt es noch viel Diskussionsbedarf. Lompscher sähe gerne mehr Engagement der Wohnungsbaugenossenschaften. Deren Bewohner fürchten allerdings Mietsteigerungen durch Neubauprojekte.
Einig sind sich alle, dass vor allem Modernisierungskosten künftig nicht mehr in einem solchem Umfang auf die Miete umgelegt werden dürften. Das ist jedoch ein Bundesthema. »Ich bin allerdings pessimistisch, dass die 2016 anstehende Mietrechtsnovelle gut für die Mieter wird«, sagt Rainer Wild.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.