Als der Kalte Krieg ins Weltall kam

In London widmet sich eine Ausstellung den Errungenschaften der russischen Raumfahrt

  • Meike Stolp
  • Lesedauer: 3 Min.

Juri Gagarin statt Neil Armstrong: Eine Sonderausstellung im Londoner »Science Museum« zeigt Exponate zur Raumfahrt und bietet eine imposante Zeitreise in den Kampf ums All aus sowjetischer Sicht.

Von Meike Stolp, London

Der Weltraum, unendliche Weiten - doch es sind nicht die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, die im »Science Museum« in London noch bis zum 13. März 2016 im Mittelpunkt stehen. Es sind auch nicht Neil Armstrong und Buzz Aldrin, die ersten US-amerikanischen Männer auf dem Mond. Vielmehr geht es hier um Juri Gagarin und Walentina Tereschkowa. Es sind die Abenteuer der russischen Raumfahrt, die in der Sonderausstellung »Cosmonauts: Birth of the Space Age« (»Kosmonauten: Die Geburt des Weltraumzeitalters«) erzählt werden - von den triumphalen Anfängen und den kleinen Siegen gegen die konkurrierende Supermacht im Westen bis hin zu der Instrumentalisierung der Raumfahrtpioniere zu Chruschtschows Superhelden.

Angefangen hat es mit »Sputnik«, dem Sammelnamen für die ersten zehn sowjetischen Satelliten, die die Erdumlaufbahn erreichten und von denen ein Modell zu Beginn der Ausstellung über den Köpfen der Besucher hängt. Entfernt ertönt das für Sputnik typische Piepen. Am 4. Oktober 1957 war »Sputnik I« ins All geschossen worden, der Startschuss für die russische Raumfahrt - und für einen Konkurrenzkampf zwischen den USA und Russland um die effektivere Eroberung des Alls.

Die westliche Darstellung, ob in den US-Raumfahrtmuseen oder den Medien, liegt dabei auf den Errungenschaften der westlichen Welt. Das sogenannte »Space Race«, also der Wettlauf um die Eroberung des Alls, haben die Amerikaner - so die allgemeine Überzeugung - an jenem Tag gewonnen, an dem ihre Astronauten 1969 den Mond betraten und dort die US-amerikanische Fahne hissten.

Die Londoner Ausstellung nimmt eine andere Perspektive ein. Denn die 150 Exponate, die aus russischen Institutionen, Museen und Privatsammlungen nach Großbritannien gebracht wurden und von denen viele zum ersten Mal in der Öffentlichkeit zu sehen sind, erzählen die Geschichte einer Nation, die beim Wettlauf um die Vormacht im Weltraum viele Jahre lang die Nase eindeutig vorn hatte.

Denn die Russen haben einige Premieren vorzuweisen. Sie hatten den Erfolg mit »Sputnik I«, im Rahmen der Mission »Sputnik II« schickten sie am 3. November 1957 die Hündin Laika in den Weltraum, das erste Lebewesen überhaupt. Sie starb im Erdorbit. 1961 folgte Juri Gagarin, der als erster Mensch ins All flog und auch lebendig wieder herunterkam. 1963 startete mit Walentina Tereschkowa die erste Frau ins All, die, wie die heute 78-Jährige selbst bei der Ausstellungseröffnung sagte, nichts lieber tun würde, als den Flug noch einmal zu wiederholen. Für die Leidenschaft, die die sowjetischen All-Pioniere antrieb, bekommen die Besucher in der Exponatenschau zumindest ein Gefühl.

Die Ausstellung verschafft ihnen aber auch einen Eindruck von der Realität hinter dem vermeintlichen Glamour. Denn Raumkapseln sind ungemütlich eng - selbst die der Mission »Sojus TM 14« von 1992, an der auch der deutsche Kosmonaut Klaus-Dietrich Flade teilnahm. Der Blick aus dem Fenster auf die Erde jedoch entschädigt die Raumfahrer, für die das Panorama ebenso Antrieb gewesen sein mag wie die Aussicht auf Ruhm. Denn in den Anfangsjahren waren Astro- wie Kosmonauten noch Helden, die von der amerikanischen und der sowjetischen Regierung zu Superstars stilisiert wurden, zu außerirdischen Fährtensuchern in einem Kalten Weltall-Krieg. Deshalb finden sich unter den Ausstellungsstücken neben Kitsch und Nachbauten auch Video- und Audioschnipsel der sowjetischen Propaganda.

Heutzutage sind die Raumfahrtmissionen der beiden Länder keine taktischen Propagandaschlachten mehr. Die USA und Russland arbeiten sogar zusammen, denn beide Länder geben immer weniger Geld für ihre Missionen aus.

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