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Kein Ton, ein Doon

Uwe Steimle bereitet seine TV-Serie nach

  • Matthias Biskupek
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn einem Fernsehformat ein Buch folgt, könnte sich das rechnen. Vermutet ein jeder Verlag, der sich auf dieses Risiko einlässt. Ein ähnlicher Effekt tritt ein, wenn ein Fernsehgesicht, egal ob Koch, Wetterfee oder Nachrichtensprecher, ein Buch schreibt, ganz gleich worüber. Denn der Beruf des Schriftstellers ist nicht geschützt und somit auch kein Leser vor prominenten Sätzeproduzenten.


Uwe Steimle: Steimles Welt
begleitet von Peter Ufer und Michael Seidel.
Gütersloher Verlagshaus. 192 S., geb., 19,99 €.


Uwe Steimle beweist als Kabarettist schon immer, dass er Sprache kann und kennt - die seine, die sächsische in ihrer Dresdner Diphthongierung ganz besonders. Insofern muss er keine Angst haben, dass er allein als Fernsehgesicht eingekauft wird. Über seine Jugend samt Oma und Heimat hat Steimle längst Gescheites geschrieben. Nun erzählt er, was er beim Drehen in Mitteldeutschland erlebte, im Kasper-Ort Hohnstein beispielsweise, in der Spielzeuggegend von Sonneberg oder im Weihnachtsstädtchen Seiffen - doch er lässt es auch erzählen. Das ist ein wenig die Crux dieses Buches mit den vielen Fotos von der Fernsehstrecke.

Steimles Ton ist ein Doon. Ihm rutscht nicht unversehens, sondern sehr bewusst die Heimat in den Text. Er schnappt den Volkswitz der Bäckerin auf und palavert über seine Mutti. Einige Teile jener Tour aber erzählt Peter Ufer, vielleicht, weil der Abgabetermin drängte - und da wird der Doon doch manchmal zum Ton, zur gewiss freundlichen Belehrung, bei der wir aber nicht alles glauben müssen: Seiffen hat gewiss mehr als 15 000 Gäste im Jahr.

Der Redakteur der Sendereihe »Steimles Welt«, »Reiseleiter« Michael Seidel, versucht in seinem Nachwort gar nicht erst, Steimle zu imitieren, sondern spricht über ihn als Kollegen, Landsmann, Freund und Autofahrer. Das hat seinen eigenen Reiz, wie auch ein hier prominent nachgedrucktes Internet-Interview vom November 2014. In dem Steimle auch ein Credo verkündet: »Seit 25 Jahren wird die DDR im offiziellen Sprachgebrauch als Unrechtsstaat bezeichnet. Und das lasse ich mir nicht gern aus einer Himmelsrichtung sagen, in der man sich jahrzehntelang nicht im Stande sah, ja weigerte, das Vernichtungssystem der Nazis auch nur vergleichbar zu qualifizieren. (...) Vielleicht war die DDR auch ein Unrechtsstaat, aber dann war sie einer, in dem es sehr viel Gerechtigkeit gab. Heute leben wir dafür in einem Rechtsstaat, der voller Ungerechtigkeiten ist.«

Das Zitat zeigt: Selbst wenn Steimle mit seinem Fernseh-Wartburg über das Land von heute fährt und ganz unplanmäßig manchmal hält: Er trägt seine Erinnerungen immer mit sich. Er schleppt sie nicht, er hat sie im leichten Bündel über der Schulter. Doch wegschmeißen will er das Bündel nicht.

Das hat wohl auch damit zu tun, dass das Land Sachsen, das sich jetzt Freistaat nennt, seine DDR-Vergangenheit noch weniger abstreifen kann als andere Ost-Landstriche. Der ungeliebte DDR-Grenzer und Zöllner hat bis heute sächsisch zu sprechen. Das ist Fakt und Dokument. Und auch wenn der einstige KZ-Häftling Justin Sonder aus Chemnitz in diesem Buch erzählt, so kann das nicht ohne DDR-Hintergrund geschehen.

Sonder, nichtgläubiger Jude und Kriminalpolizist in seiner Heimat, war SED-Mitglied. Letzteres verhinderte bislang wohl, dass er das Bundesverdienstkreuz wie andere Leidensgenossen bekam. Auch solche Geschichten findet Steimle auf seinen Wegen übers Land. Ganz ohne Getue und Gemache, wie Freund Seidel sagt.

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