Neuer Direktor nicht willkommen

Der Streit an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin um die Neubesetzung des Direktoriumspostens eskaliert

  • Katharina Dockhorn
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Streit um die Neubesetzung des Direktoriumspostens an der Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) geht in die nächste Runde. Am Freitag hieß die Findungskommission den Briten Ben Gibson in Berlin willkommen. Die Studierenden kündigten sofort Wiederstand an.

Der Führungsposten an der renommierten Berliner Lehranstalt ist nach dem Rückzug von Jan Schütte im Vorjahr vakant. In der ersten Ausschreibung hatte sich der österreichische Regisseur Julian Pölsner (Die Wand) durchgesetzt. Die Auszubildenden der dffb favorisierten dagegen Kamerafrau Sophie Maintigneux, die 2009 bei der Wahl Schüttes den Kürzeren gezogen hatte und jetzt in Köln lehrt.

Nachdem der Vertrag mit Pölsner nicht zustande kam, präsentierte Björn Böhning, in der Berliner Senatskanzlei für Film zuständig, einen Kandidaten, der sich nie beworben hatte: Ralph Schwingel, Förderer von Fatih Akin und Produzent des Berlinale-Gewinners »Gegen die Wand«. Die Studenten liefen Sturm. Der Psychologe gab nach einigen Wochen des Gezerres um seine Person entnervt auf.

Hintergrund des Streits ist wohl ein Missverständnis. Viele Studierende präferieren einen Regisseur aus dem klassischen Arthouse-Kino für die Spitze der Akademie. Bei jedem Produzenten schreien sie Marktnah und Kommerzialisierung. Unterstützt werden sie dabei von Teilen des Feuilletons, das bei Schwingel oder jetzt Gibsons den Untergang der Filmkunst an der dffb herbei phantasiert. Ein fataler Irrtum. Die dffb hat ihre beste Ära seit Jahrzehnten hinter sich, viele der von Studenten und einigen Kritikern favorisierten Kandidaten lehrten dort und konnten das Abrutschen der Hochschule in die die Profillosigkeit nicht verhindern.

Die dffb braucht einen radikalen Neuanfang, für die ein Außenstehender wie Gibson der ideale Kandidat wäre. Er ist nicht mit der deutschen Film- und Fernsehbranche eng verbandelt, die alle Hochschulen im Würgegriff hat. Was für deren Kreativität und Unabhängigkeit alles andere als förderlich ist.

Gibson hat sich zudem in einem demokratischen Auswahlverfahren durchgesetzt, dem die Studenten ausdrücklich zustimmten. Fünf neue Kandidaten hielten Anfang September eine Vorlesung: Ben Gibson, Produzent von Derek Jarmans »Wittgenstein«, dann beim British Film Institut und 14 Jahre lang künstlerischer Direktor der London Film School. Der deutsche Regisseur Romuald Karmakar, »Der Totmacher«. Dagmar Jacobsen, Drehbuchautor Pavel Jech, Direktor der Prager Filmhochschule. Und Regisseur Béla Tarr, Gewinner des Goldenen Bären 2011 mit »Das Turiner Pferd«. 2009 war er Schütte unterlegen, seinen Lehrauftrag an der dffb gab er danach auf. Er ist der Favorit der Studenten.

Die Findungskommission überzeugte er nicht. Ihrem Urteil sollte vertraut werden. Regisseure wie Andres Veiel oder Connie Walther sowie Peter Rommel, seit mehr als 20 Jahren als Produzent an der Seite von Andreas Dresen, sind über jeden Verdacht erhaben, einen Kandidaten zu küren, der einseitig das kommerzielle Kino präferiert und die Filmkunst missachtet.

Am kommenden Freitag berät wahrscheinlich das Kuratorium der dffb über die Entscheidung der Findungskommission. Stimmt sie zu, folgen Vertragsverhandlungen mit Gibson. Doch leider zeichnet sich ein neues Muskelspiel zwischen Studenten, Lehrenden, Gremien und der Berliner Politik ab. Die Studierenden hoffen wohl weiter, Gibson verhindern zu können, wie eine Pressemitteilung erahnen lässt. Schon im Vorfeld hatten sie den Briten wie einst Schwingel gebeten, seine Kandidatur zurückzuziehen.

Die Studenten kündigen neue Proteste an. Sie müssen sich langsam fragen lassen, warum sie sich überhaupt für ein Studium an der dffb entschieden haben und weiter machen, wenn ihnen die Ausbildung derart gegen die Strich geht.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, dass Dagmar Jacobsen wäre die Produzentin des Filmes »Abendland« sei. Der deutsche Produzent ist aber Alexander Ris. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

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