Endlich keine Feinde mehr
Anti-Mobbingprojekt in Marzahn-Hellersdorf will Gewalt an Schulen zum Thema machen
»Mama, hier habe ich überhaupt keine Feinde.« Der damals 13-jährige Paul S. ist überrascht und begeistert. Er hatte auf Anraten seiner Eltern und von Schulpsychologen die Grundschule gewechselt. An der alten, inmitten von Marzahn gelegenen, war es immer wieder zu zum Teil bedrohlichen Vorfällen gekommen. Sie reichten vom »Abziehen« persönlicher Gegenstände bis zu Erpressung von Geld durch meist ältere Schüler, für die der etwas pummelige Außenseiter ein leichtes Opfer war. Eine ganz andere Situation fand Paul an der neuen Grundschule »Am Fuchsberg« in Biesdorf-Süd vor. Hier wurde er freundlich aufgenommen und in der Klasse gleichberechtigt integriert.
Die Geschichte von Paul S. wirft ein Schlaglicht auf das Problem von zunehmender Gewalt an Marzahn-Hellersdorfer Schulen. Allein im abgelaufenen Schuljahr waren über 190 Fälle dem Schulpsychologischen Dienst des Stadtbezirks bekannt geworden. Sie umfassten das ganze Spektrum von Mobbing und Erpressung, wie in Pauls Fall, bis hin zu schwerer Körperverletzung. In dieser Statistik sind einfache Schulhofrangeleien und -keilereien, wie sie überall mal vorkommen, nicht berücksichtigt.
Große Besorgnis löst bei den zuständigen Stellen im Bezirksamt auch die Tatsache aus, dass Gewaltandrohungen gegen Lehrer eskalieren. Dieser Entwicklung wolle man jetzt , im Schuljahr 2015/2016 mit einer Reihe von Maßnahmen entgegen steuern, betonte Bezirksbürgermeister und Schulstadtrat Stefan Komoß (SPD).
Federführend soll dabei das Projekt »CUT 126« sein, das Schulpsychologe Oliver Raum entwickelt hat. »CUT« steht für einen Schnitt bzw. Einschnitt, wie er sich bei bestimmten eskalierenden Situationen erforderlich machen könnte, und »126« sind schlicht und einfach die ersten drei Zahlen aller im Postleitzahlensystem verzeichneten Ortsteile von Marzahn-Hellersdorf.
Im Mittelpunkt des Projektes steht die Entwicklung eines gewaltfreien Klassenklimas durch die Schüler selbst. Die in Gruppen aufgeteilten Klassen treten in einen Wettbewerb gegeneinander an. Dabei geht es darum, wer sich am besten an neu aufgestellte Regeln und Werte hält.
Das Projekt richtet sich an Schüler der siebenten Klassen des Schuljahrgangs 2015/16. Eine Klassenstufe, in der auch Paul S. seine schlechten Erfahrungen gemacht hatte. Zum Schuljahresende soll es eine Auswertung geben. Schüler zeichnen im Rahmen des Projekts außerdem mit einer Filmkamera Szenen auf, die das Thema dokumentierten sollen. Das Interesse an dem Projekt sei riesengroß, freut sich Oliver Raum.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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