Prüdes Deutschland

Tagung in Gotha

  • Lesedauer: 2 Min.

Auch in Deutschland gab es im 18. und 19. Jahrhundert zwar erotische und pornografische Schriften. Aber im Vergleich zu Frankreich, England oder Italien wurden sie beschlagnahmt, zensiert, weggeschlossen oder gar vernichtet, wie der Germanist Dirk Sangmeister vom Forschungszentrum der Universität Erfurt sagte. Nun beschäftigt sich eine Tagung in Gotha mit der vermeintlich anstößigen Literatur. Vom Mittwoch bis Freitag wollen sich 20 Germanisten, Anglisten, Romanisten, Verlagshistoriker und Philosophen aus dem In- und Ausland mit dieser bislang kaum erforschten »anstößigen« Literatur beschäftigen. »Deutsche Pornografie in der Aufklärung« lautet das Tagungsthema.

Etwa 300 Werke, anonym oder unter Pseudonym, wurden demnach zur Zeit der Aufklärung in Deutschland geschrieben, veröffentlicht, geschmuggelt und heimlich gelesen. Ihre Autoren und Verleger wurden festgenommen oder verunglimpft. Die Wissenschaftler seien froh, dass es überhaupt noch überlieferte Texte gebe, sagte Sangmeister, auch wenn ihre Lektüre oft langweilig oder gar peinlich sei. Trotzdem müsse diese Forschungslücke geschlossen werden, zumal die Germanistik diese Literatur von Anfang an ausgeklammert habe.

Die größte Sammlung deutscher erotischer und pornografischer Literatur liegt laut Sangmeister in der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Der Geheimrat und oberste Finanzbeamte Bayerns, Franz von Krenner, hatte sie zusammengetragen. Nach seinem Tod 1819 ging sie an den Bayerischen König. Mehr als hundert Jahre blieb sie in Kisten verpackt in einem Raum mit zwei Schlössern, deren Schlüssel lange nicht in einer Hand waren. Heute sind die meisten Bücher digitalisiert - und könnten im Internet gelesen werden. dpa/nd

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