Schöner wohnen mit Airbnb

Über »Rolf-Benz«-Wohnzimmer und eine vierköpfige Familie in einer Drei-Zimmer-Wohnung

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

Kürzlich hatten wir Besuch. Eigentlich war es kein richtiger Besuch, denn das befreundete Pärchen aus unserer fränkischen Heimat nächtigte nicht bei uns, sondern blieb nur zum Kaffee. Sie wollten uns keine Umstände machen, rechtfertigten sie sich. Wir haben das mit einem »Schade« und »Ihr macht uns keine Umstände, wirklich nicht« quittiert, waren insgeheim aber erleichtert.

Als wir vier noch jung waren, war das anders. Vor 20 Jahren - meine Frau und ich waren gerade nach Berlin gezogen - quartierten sich fast jedes Wochenende Bekannte aus dem Westen bei uns ein. Stolz zeigten wir damals die Häuser in Friedrichshain mit ihrem Abbruch-Chic; je verfallener ein Haus, je mehr Einschusslöcher aus den letzten Tagen des Krieges noch in den Häuserwänden zu sehen waren, desto besser.

Heute aber brauchen wir unsere Ruhe. Vor allem aber sind unsere beiden pubertierenden Söhne wirklich niemandem zuzumuten. Es war also ganz gut, dass sich die lieben Freunde eine andere Bleibe für das Wochenende ausgesucht hatten. »Wir haben da etwas gefunden, das bei Euch um die Ecke liegt«, teilte mir der männliche Teil der Bekanntschaft per SMS mit. »Dachgeschoss-Wohnung im Erstbezug, ein ›Beliani‹-Schlafzimmer, ein ›Rolf-Benz‹-Wohnzimmer, Wohnküche mit allen Geräten, und das für nur 60 Euro die Nacht.« Die Wohnung befinde sich »unweit des Szene-Stadtteils Friedrichshain« mit »hervorragender Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Super Schnäppchen!«

Zum Glück gibt es Airbnb. In dem »Beliani«-Schlafzimmer nächtigt normalerweise eine gewisse - ich nenne sie aus Datenschutzgründen Lena - mit ihrem Mann und den zwei Kindern. Die Bewertungen, die Lena als »Guest« erhalten hat, als sie bei Airbnb-Anbietern in New York, Stockholm, London, Paris, Oslo oder Amsterdam weilte, sind durchweg positiv. Von netten Leuten ist da die Rede, mit zwei Kindern im Teenager-Alter, die allesamt »kind« and »quiet« waren. Lena und ihre Familie scheinen viel in der Welt unterwegs zu sein.

Jetzt fragt sich der kritische Airbnb-Kunde natürlich, wie die gute Lena nebst Gatten noch zwei Teenager in ihre 3-Zimmer-Luxus-Dachgeschoss-Wohnung unterkriegt. Aber in Berlin ist ja nichts unmöglich. Vielleicht schlafen die vier abwechselnd in dem Bett, so wie früher die »Mietschläfer« in den von Heinrich Zille porträtierten Proletarierfamilien, wer weiß.

Unsere Bekannten jedenfalls haben Stein und Bein geschworen, dass die Wohnung einen belebten Eindruck auf sie gemacht habe. Lena habe sogar angerufen und sich erkundigt, ob alles zur vollsten Zufriedenheit sei. Ihre zwei Kinder waren übrigens nicht zu Hause. An einem Wochenende ist das bei Teenagern aber auch nichts Ungewöhnliches.

Wenn meine Frau und ich mal wieder übers Wochenende nach Aschaffenburg, Würzburg oder Bamberg fahren wollen, buchen wir bei Airbnb, so viel steht fest. Wir wollen ja den Freunden nicht zur Last fallen.

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